1889 -
Berlin
: Nicolai
- Autor: Zurbonsen, Friedrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Brandenburg-Preussen
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Um so vielem Bedarfe zu entsprechen, wurden nach einem billigen
Verhältnis 25 000 Maß Korn und Mehl, 17 000 Maß Haser, 35 000
Kavallerie- und Artilleriepferde in den Provinzen verteilt; Edellenten und
Bauern wurden Lebensmittel gereicht. Außer dieser Abhülse hieß der
Köuig 3 Millionen Thaler an Schlesien, 1400000 Thlr. an Pommern und
die Neumark, 700000 Thlr. an die Kurmark, 100000 an das Herzogtum
Kleve zahlen, außerdem erhielt Preußen 800000 Thlr.; die Stenern des
Kleveschen, Halberstädtischen und Hohensteinischen wurden auf die Hälfte
herabgesetzt; kurz, das Volk schöpfte wieder Mut und verzweifelte nicht über-
feine Lage, suchte vielmehr durch Arbeit und Thätigkeit die Leiden, welche
das Land zu erdulden gehabt hatte, wieder gutzumachen.
Aus dieser allgemeinen Uebersicht, die wir hier entworfen haben, geht
hervor, daß die mit Schulden belasteten Regierungen Österreichs^), Frank-
reichs und selbst Euglauds keiueu Kredit hatten, aber die Völker, welche
nicht unmittelbar vom Kriege gelitten hatten, es nur durch die großen
Abgaben, welche die Fürsten von ihnen forderten, empfanden, während in
Preußen die Regierung bei Kasse war, und die Länder durch die Raubsucht
und Barbarei der Feiude zu Grunde gerichtet und verödet waren. — Nach
Preußen hatte Sachsen von allen Ländern am meisten gelitten, aber es
findet in der Güte seines Bodens und dem Knnstfleiße seiner Bewohner
Hilfsquellen, welche Preußeu mit Ausnahme Schlesiens in den übrigen
Provinzen nicht findet. Die Zeit, welche alle Uebel heilt und tilgt, wird
ohne Zweifel binnen kurzem den preußischen Ländern ihren Ueberflnß, ihren
Wohlstand und ihren ersten Glanz wiedergeben; die übrigen Mächte werden
sich ebenfalls erheben. Dann werden andere Ehrgeizige neue Kriege hervor-
rufen und neue Unfälle bereiten, denn es ist dem menschlichen Geiste eigen,
daß Beispiele keinen bessern; die Thorheiten der Väter sind für die Kinder
verloren, jede Generation muß ihre eigenen machen.
Wir fügen zu diesem Werke noch einige Worte zur Befriedigung der
Nachwelt hiuzu, welche ohue Zweifel wünschen wird zu wissen, wie ein so
wenig mächtiger Fürst wie der König von Preußen einen so verderblichen
Krieg habe in 7 Feldzügen gegen die mächtigsten Monarchen Europas aus-
halten können. Wenn der Verlust so vieler Läuder ihn in Verlegenheit
setzte, wenn die großen Ausgaben beständig vermehrt werden mußten, so
blieben doch noch immer Hilfsquellen übrig, welche die Sache möglich
machten. Der Köuig zog aus deu ihm verbliebeneu Provinzen 4 Millionen,
die Kontributionen Sachsens beliefen sich auf 6—7 Millionen; die englischen
Subsidieu, eigentlich 4 Millionen, wurden zu 8 gesteigert; die Verpachtung
der Münze verminderte die Münze um die Hälfte, was 7 Millionen ein-
brachte, und außerdem hatte man die Zahlung der Civilgehälter verschoben,
um alle Gelder für den Krieg anzuwenden. Diese verschiedenen Gelder,
i) Österreich hatte am Ende des Krieges 100 Millionen Thaler Schulden.
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