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1. Teil 3 - S. 43

1912 - Leipzig : Freytag
rechte der Stände, der Geistlichkeit, des hohen Adels, des niederen Adels und der Städte, noch mischten sie sich in die religiösen Angelegenheiten ihrer Untertanen ein. So kam es, daß fast ganz Ungarn der evangelischen Lehre gewonnen wurde, während sich im Deutschen Reiche die beiden Konfessionen aufs blutigste bekämpften. Unter der Regierung Leopolds I. (1658—1705) sollte das anders werden. Er suchte die Macht der Stände zu brechen und den Protestantismus auszurotten. Das wollten sich die Ungarn nicht gefallen lassen; unter der Führung des kühnen Grafen Emmerich T ö k ö l y empörten sie sich und riefen zu ihrem Beistände und Schutze die Türken herbei. Mit einem mächtigen Heere überschritt der Großvezier Kara Mustafa im Frühjahre 1683 die Donau, um das Christentum zu vernichten und auf den Trümmern von Wien den Halbmond aufzupflanzen. Das schwache kaiserliche Heer konnte gegen die Übermacht nichts ausrichten; es zog sich zurück und lagerte sich nördlich von der österreichischen Hauptstadt. In Wien war man über das schnelle Vordringen der Türken, die sich in ihrem Anmarsche weder durch Burgen noch durch feste Plätze aufhalten ließen, ganz kopflos geworden. Während flüchtende Landbewohner hinter den Mauern der Hauptstadt Schutz suchten, verließen der Hof und eine große Menge Bewohner ihre Wohnstätten. Der Kaiser selbst ging nach Linz und überließ dem tapferen Rüdigervonstarhembergdie Verteidigung. Zum Glück vollzog sich der Anmarsch derfeinde doch nicht so schnell, wie man erwartet hatte; deshalb fand man noch Zeit, Mauern, Gräben und Schanzen in Verteidigungszustand zu fetzen. Auch gelang es dem kaiserlichen Feldherrn Karl von Lothringen, noch vor Ankunft der feindlichen Scharen ein Heer von 12 000 Mann in die Stadt zu werfen Mitte Juli erschienen die ersten türkischen Reiter; alsbald war Wien von Kara Mustafa eingeschlossen. Sofort gingen die Feinde an die Arbeit; sie warfen Schanzen auf und hoben Laufgräben aus, um sich näher an die Mauern heranzuarbeiten. Tag für Tag flogen die Feuerkugeln in die Stadt, und bald setzten auch die Stürme ein. Aber Soldaten, Studenten, Bürger und Landbewohner wetteiferten in der Verteidigung der Stadt. Hatten die Türken ein Stück Mauer niedergelegt, so entstand in kurzer Zeit eine neue Schutzwehr; hatten sie einen Wall erstiegen, so standen sicher todesmutige Kämpfer bereit, um sie wieder hinabzustürzen. Die Seele der Verteidigung aber war Graf Starhemberg; überall war er mit Rat und Tat zur Hand. Er beobachtete die feindlichen Truppen, kämpfte selbst und ermunterte die Verzagten. Dennoch machten die Angreifer Fortschritte; sie näherten sich der Stadt immer mehr und mehr, sprengten Teile der Mauer in die Luft und hätten sicher die Stadt mit stürmender Hand genommen, wenn nicht im Augenblicke der höchsten Not das Entsatzheer angelangt wäre. Am 11. September flammten auf den Höhen des Kahlenberges Feuerzeichen auf; die Retter waren angekommen und machten sich auf die kommende Schlacht bereit. Ein großes Heer, bestehend aus Polen, Brandenburgern, Bayern und Sachsen, lagerte sich aus dem Gefilde; der Polenkönig Johann Sobieski und Herzog Karl von Lothringen hatten es herangeführt. Am andern Morgen entspann sich ein furchtbarer Kampf; der eine Teil des Türkenheeres unternahm den letzten Sturm auf die Stadt, der andere aber
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