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1. Teil 3 - S. 128

1912 - Leipzig : Freytag
128 Franzosen befanden. Aber sie fanden kein Gehör; mit 160 000 Mann ging der Kaiser weiter. Er sah nur das russische Heer vor sich, das er vernichtend schlagen mußte, wenn er den Frieden diktieren wollte. Bis jetzt waren die Russen zurückgegangen; bei Borodino nahmen sie endlich die Schlacht an. Mit furchtbarem Ingrimm wurde am 7. September gefochten; die Russen wurden zwar besiegt, aber nicht vernichtet. Erst am andern Morgen verließen sie das Schlachtfeld und zogen nach Moskau, das sie den Franzosen ohne weiteren Kampf preisgaben. Napoleon hatte also abermals sein Ziel nicht erreicht; mit ungefähr 100 000 Mann, die ihm nach dm furchtbaren Gemetzel noch übrig geblieben waren, setzte er seinen Marsch fort. Am 14. September erreichte er die Höhen vor Moskau und betrachtete leuchtenden Auges die Hauptstadt seines Feindes. e) D as Heer in Moskau und auf d em Rückzüge. Ant nächsten Tage hielt er seinen Einzug. Aber welche Enttäuschung mußte er erleben! Keine Behörde erschien, um den Sieger zu begrüßen, und keine jubelnde Menschenmenge begleitete den Tritt seiner Garde. Die Riesenstadt war wie ausgestorben; fast alle Einwohner waren geflohen, nur zuweilen lugte ein Auge hinter den verschlossenen Fensterladen hervor. Und doch waren die Truppen guten Mutes; endlich winkten ihnen nach unendlichen Strapazen Ruhe und reichliche Lebensmittel. Allein auch sie sollten enttäuscht werden. Kaum hatte Napoleon den kaiserlichen Palast, den Kreml, bezogen, so liefen auch schon Meldungen ein, daß an verschiedenen Stellen Feuer ausgebrochen fei. Zugleich erhob sich ein fürchterlicher Sturm, der die gefräßigen Flammen anfachte, so daß sie von Dach zu Dach, von Straße zu Straße, von Stadtteil zu Stadtteil übergriffen. Bald war Moskau ein wogendes Feuermeer. Der Kaiser mußte den Kreml verlassen; er hatte die Überzeugung gewonnen, daß die Brandlegung von den Russen vorbereitet war, um die Reichtümer und Vorräte nicht in die Hände der Franzosen fallen zu lassen. Dennoch hielt Napoleon über einen Monat auf bei grausigen Trümmerstätte aus, weil er glaubte, der Zar würde ihm Friedensanträge stellen. Er sah nicht die Notlage seiner Armee, er bedachte nicht, daß der Winter vor der Tür stand; seine Seele erwog große Pläne, er verglich sich mit Alexander dem Großen, indem er einmal meinte, der Makedonier hätte es bis zum Ganges ebenso weit gehabt, wie er von Moskau. Napoleon wollte sich noch nicht eingestehen, daß der Feldzug für ihn verloren war. Aber Alexander blieb fest; er wies alle Friedensanträge zurück und verstärkte seine Armee. Am 19. Oktober endlich verließ der Kaiser Napoleon die Hauptstadt seines Feindes. Er hatte die Absicht, zu nt Rückzug eine andere Straße zu wählen; aber der russische Feldherr Kutusow zwang ihn, die alte Heerstraße zu benutzen. Vorbei ging es nun in Eilmärschen an den zerstörten Dörfern und Ortschaften, vorbei auch an dem entsetzlichen Schlachtfelde von Borodino, wo jetzt noch die uubestatteteu Toten lagen. Bald waren die Lebensrnittel, die die Soldaten aus Moskau mitgenommen hatten, verzehrt. Der Hunger begann sich fühlbar zumachen und dennoch war im weiten Umkreise kein Brot und kein Schlachtvieh aufzutreiben. Haufenweise entfernten sich die hungernden Krieger von dem Heere. Keiner sah
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