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1. Teil 3 - S. 166

1912 - Leipzig : Freytag
166 der damaligen Einwohnerzahl, die nur etwas über 10 Millionen Seelen betrug. Jetzt aber hatte sich das Verhälntis völlig verschoben: Preußen war auf 18 Millionen Menschen angewachsen, das Heer aber war um keinen Mann vermehrt worden. Es wurden also ungefähr 80 000 Mann gar nicht zu den Waffen gerufen. Von einer allgemeinen Wehrpflicht konnte mithin kaum noch die Rede sein. — Zweitens war die Linie zu eng mit der Landwehr verbunden. Jede Brigade bestand nach der alten Heeresverfassung aus einem Linien- und aus einem Land-wehrregimente. Brach ein Krieg aus, so mußten erst die Mannschaften der Landwehr eingezogen und etwas ausgebildet werden, ehe das Heer in das Feld rücken konnte. Das war aber ein großer Nachteil; denn unterdessen konnte einschlagfertiger Feind längst die Grenzen des Landes überschritten haben. — Infolge der zu geringen Zahl der eigentlichen Linientruppen mußten bei einer Mobilmachung sofort auch die alte st en Jahrgänge der Landwehr einberufen werden, wenn es galt, eine möglichst starke Armee aufzustellen. Das hatte aber für das gesamte Volk große Nachteile; erstens wurde es in seiner Produktionskraft schwer geschädigt, und zweitens mußte es große Geldsummen aufbringen, weil die Familien der Landwehrmänner sofort vom Staate oder den einzelnen Gemeinden ernährt werden mußten. — Endlich ließ die Ausbildung der Truppen manches zu wünschen übrig. Nach dem Gesetz war die eigentliche Dienstzeit bei der Fahne auf 3 Jahre festgesetzt; man entließ aber gewöhnlich die Mannschaften nach Ablauf des zweiten Jahres, um Ersparnisse zu machen. Die Folge davon war, daß die Kriegstüchtigkeit der preußischen Armee nicht auf der Höhe der Zeit stand. König Wilhelm hatte sich von Jugend auf dem Soldatenstande gewidmet; er kannte deshalb die Mängel der Heeresversassuug genau und war demnach bestrebt, sie zu beseitigen. In dem Kriegsminister von Roon fand er einen umsichtigen, klugen und energischen General, der seine Reformgedanken in die Wirklichkeit umzusetzen versuchte. Der König verlangte eine Vermehrung der Linientruppen auf 200 000 Mann, damit alle waffenfähigen Jünglinge der Wehrpflicht genügen könnten. — Die Zahl der Regimenter sollte verdoppelt werden. Jede Brigade sollte aus zwei Linienregimentern bestehen, damit im Falle einer Mobilmachung das Heer sofort nach dem Kriegsschauplätze abgehen konnte. — Um gleich zu Ansang den Krieg mit einer genügend starken Truppenmacht eröffnen zu können, sollte die Dienstzeit in der Reserve auf 4 Jahre verlängert werden. Es brauchten also nach dem neuen Plane nur die jungen Leute bis zum 27. Lebensjahre sogleich ins Feld zu rücken. Der Verlängerung der Dienstzeit in der Reserve entsprach eine Verkürzung der Dienstzeit in der Landwehr. Damit war auch zugleich eine scharfe Scheidung der Landwehr einerseits und der Linie und Reserve anderseits gegeben. Die Mannschaften der Landwehr sollten erst im Notfälle zu den Waffen gerufen werden. — Endlich verlangte König Wilhelm eine genaue Jnnehaltung der dreijährigen Dienstzeit, damit eine gründliche, allseitige und einheitliche Ausbildung zu ermöglichen sei. — Um die Heeresorganisation durchführen zu können, forderte der Kriegsminister eine Erhöhung der Ausgaben für die Armee um 28 Millionen Mark. — Auch sonst war der König bedacht, die Schlagfertigkeit feiner Truppen zu
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