1912 -
Leipzig
: Freytag
- Autor: Donat, Friedrich
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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3. Der König.
Die Königswürde ist im Mannesstamme der Hohenzollern nach dem Rechte der Erstgeburt erblich. Mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ist der Thronfolger volljährig. Der König leistet bei seinem Regierungsantritte in Gegenwart des Landtages den Eid aus die Verfassung. Ist der König minderjährig oder regierungsfähig, so übernimmt der nächste volljährige königliche Prinz als Regent die Herrschaft. Mit der preußischen Königskrone ist die deutsche Kaiserwürde verbunden.
Die Person des Königs ist unverletzlich. Vergehen und Verbrechen gegen den Herrscher werden streng bestraft. Der Monarch ist den Strafgesetzen nicht unterstellt. — Der König beruft und schließt den Landtag und übt mit ihm die Gesetzgebung aus. — Die vollziehende Gewalt steht ihm allein zu. Er ernennt und entläßt die Minister, er ordnet die Verkündigung der Gesetze an und überwacht deren Ausführung. — Alle Regierungsakte des Königs werden erst gültig, wenn sie die Gegenzeichnung eines Ministers erhalten haben, der dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt. — Dem Könige steht das Recht der Begnadigung und der Ordensverleihung zu. — Der König sührt den Oberbefehl über das Heer. — Die richterliche Gewalt wird in seinem Namen von unabhängigen Richtern ausgeübt. — Das Einkommen (Z i v i l l i st e) des Königs beträgt 19,2 Millionen Mark.
4. Ter Landtag.
Der Landtag ist die verfassungsmäßige Vertretung des preußischen Volkes. Er besteht aus zwei Häusern oder Kammern. Die erste Kammer ist das H e r r e n-haus, die zweite Kammer ist das Abgeordnetenhaus.
Das Herrenhaus setzt sich zusammen aus den volljährigen königlichen Prinzen, den Häuptern der ehemals reichsunmittelbaren Fürsten, Grafen und Herren, den Vertretern des Großgrundbesitzes, der Großstädte und der Universitäten. Außerdem beruft der König noch solche Männer, diesem besonderes Vertrauen genießen. —Die Mitglieder des Herrenhauses werden nicht gewählt. Sie werden vom Könige aus Lebenszeit oder sür die Zeit, in der sie ein bestimmtes Amt bekleiden, ernannt. —Die erste Kammer ist beschlußfähig, wenn wenigstens 60 Mitglieder anwesend sind.
Das Abgeordnetenhaus besteht aus 443 Mitgliedern, die vom Volke gewählt worden sind. — Wählen darf jeder Preuße, der das 24. Lebensjahr vollendet hat, der sich im Vollbesitze der bürgerlichen Ehrenrechte befindet, der keine öffentliche Armennnterstütznng empfängt und wenigstens 6 Monate in der Gemeinde, in der er das Wahlrecht ausüben will, wohnt. Für Militärpersonen ruht das aktive Wahlrecht. — Wählbar ist jeder Preuße, der das 30. Lebensjahr vollendet hat, der wählen darf und wenigstens schon ein Jahr dem preußischen Staatsverbande angehört. Von dem passivenwahl rechte sind die Militärpersonen nicht ausgeschlossen.
Für die Wahl der Abgeordneten ist der Staat in 443 Wahlkreise eingeteilt. In jedem wird ein Abgeordneter gewählt. Die Wähler heißen Urwähler und werden nach ihren direkten Steuern in drei Klassen eingeteilt. Zu der ersten Klasse gehören die Urwähler, die das erste Drittel der vorn Urwahlbezirk aufgebrachten Steuern bezahlen, zur zweiten Klasse, die das zweite Drittel entrichten