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1. Geschichte des Altertums - S. 55

1902 - München [u.a.] : Franz
Athen nach dem peloponnesischen Krieg. Die griechische Philosophie ist in Kleinasien und zwar injonien entstauben. Aber erst als sie nach Athen verpflanzt worben (was Die jonische zur Zeit des Perikles geschah), erhielt sie allgemeines Ansehen und Wwie. Bebeutung für das ganze Leben. Hier, in dem Mittelpunkt der antiken Demokratie, besten Bevölkerung an der Staatsverwaltung und Rechtspflege leibenschastlichen Anteil nahm, wanbte sie sich vornehmlich dem Praktischen zu: sie würde in den Dienst der Rhetorik (Rebekunst) gestellt. Je höher diese Fertigkeit in Athen geschätzt würde, besto häufiger traten Männer auf, welche sich anheischig machten, bieselbe gegen Bezahlung auch anberen mitzuteilen. Solche Leute hießen Sophisten. Sie brachten die Kunst, eine Sache planmäßig Sophisten, zu entwickeln, in der Wechselrebe mit anberen zu begrünben und zu verteibigen, aus einen hohen Grab der Ausbildung. Aber je weiter unter der Einwirkung des verberblichen Krieges politische und sittliche Verwilberung und Zuchtlosigkeit um sich griffen, besto niebriger faßten immer mehr Sophisten ihren Beruf und ihr Ziel. Schließlich war es den meisten nur noch barum zu tun, durch ihren Unterricht Reichtümer, Ehren und Einfluß zu gewinnen. Durch^falsch an-gewaubte Formen der Denklehre zu verwirren, durch Trugschlüsse zu täuschen, durch Spitzfinbigkeiten zu überraschen und irrezuführen, durch Neuheit der Anschauungsweise zu glänzen und in ihrer Gesinnungslosigkeit auch anbere zu üben, dem Volk und den Machthabern zu schmeicheln, statt ihnen die Wahrheit zu sagen, bar in ging schließlich ihr Bestreben säst ganz aus. Manche von ihnen rühmten sich sogar, daß sie je nach Belieben ober Bezahlung sür Iunb gegen bieselbe Sache zu sprechen bereit seien. Durch ihre Selbstsucht und Eitelkeit übten sie den schlimmsten Einfluß auf das öffentliche und private Leben in Athen aus. In dieser Zeit des Niedergangs lebte Sokrates. Er war der Sokrates. Sohn eines Bilbhauers und hatte ursprünglich benselben Berus gewählt. Bald aber erkannte er seine ebelste Lebensaufgabe dann, Menschen zur Sittlichkeit heranzubilben. Nachbem er sich alle Bilbuugsmittel seiner Zeit angeeignet nnb auch die Lehrart der Sophisten kennen gelernt hatte, würde in ihm die Überzeugung immer mächtiger, daß alle geistige Gewandtheit ohne moralische Festigkeit keinen.wert habe, ja sogar schäblich wirken könne. Er suchte daher das durch die verberbliche Tätigkeit der Sophisten verwirrte und fast schon erstickte sittliche Bewußtsein seiner Mitbürger wieder zu wecken und zu kräftigen und ihnen den Spitzfinbigkeiten und dem Scheinwissen der Sophisten gegenüber den Wert eines natürlichen Verstanbes und rechtlichen Sinnes klar zu machen. Als das Allernotwenbigste erklärte er die Selbsterkenntnis, woraus schon die Jnfchrift über dem belphischen Orakel: „Erkenne bich selbst" beute. Der prahlerischen Eitelkeit der Sophisten gegenüber bekannte Sokrates bescheiden: „Ich weiß, daß ich nichts weiß" und zeigte in seinem ganzen Leben, daß diese Er-
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