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1. Bilder aus der Kirchengeschichte - S. 84

1876 - Braunschweig : Bruhn
— 84 — beste Buch erklärte, unendlich viel Segen gestiftet. Aber wenn er gezwungen war, in Sachen der Reformation öffentlich aufzutreten, so geschah es jedesmal mit Angst und Beklommenheit. „Ach," so schreibt er einmal, „wenn man mich doch nicht aus meinem Hörsaale abriefe und mich nur zum Besten der Jugend ungestört arbeiten ließe! Das ist meine Ruhe und meine Freude. Für andere Dinge bin ich zu weich und ungeschickt." Sogar zum Predigen konnte er niemals bewogen werden. Als während Luther's Anwesenheit auf der Wartburg die ganze Last allein auf seinen Schultern lag, fühlte er sich sehr gedrückt. Rathlos stand er während des Aufruhrs der Bilderstürmer da; sehnsüchtig wartete er aus den Augenblick, wo Luther wieder selbst als bcr Erste im Vordergründe stehen werde; groß war seine Frende, als derselbe gerade in den durch die Unruhstifter heraufbeschworenen angstvollen Tagen erschien. Hatte er doch nun wieder die starke Stütze, woran er sich lehnen konnte in der stürmischen Zeit. Und als er Luther, bei dessen Tode er ausrief: „Ach der Wagen und Reiter Israels ist dahin, er, der in dieser letzten Weltzeit die Kirche regiert hat!" nicht mehr hatte, glich er der Rebe, die ihren Stab verloren hat. Aller Muth war dahin und als bald darnach der schon lange drohende Krieg auöbrach, wäre« die Thränen sein süßer Trost. „Mein Schmerz über die Kriegsunruhen," schreibt er, „verzehrt mich. Oft zweifle ich, wenn ich Die Elbe erblicke, ob ich ihn ausweinen könnte, wenn ich auch eben so viele Thränen weinen wollte als die Elbe Wellen wirft." Dazu kamen die unerquicklichen Streitigkeiten, die nun auch unter den Lutheranern selbst ausbrachen. Melanch-thon suchte überall zu vermitteln. Schon bei Gelegenheit der Verhandlungen zwischen Lutheranern und Resonnirten im Jahre 1536 hatte er sich denen zugesellt, welche den Riß auszufüllen suchten, dazwischen denselben entstanden war, und seinen Bemühungen ist es mit zu danken, daß beide Parteien, wenn auch nicht geeinigt, doch in Frieden aus einander gingen. Auch jetzt war er bemüht, zu versöhnen. Aber seine Bemühungen wurden ihm mit Undank gelohnt. Mau warf ihm feine allzu große Gelindigkeit vor, ja man ging sogar soweit, ihn zu beschuldigen, daß er, soweit es von ihm abhänge, Alles wieder zum Alteu zurückzuführen geneigt sei, um nur Frieden zu haben. Uebrigens wirkte er auch jetzt noch in seinem stillen Kreise unermüdlich fort. Noch am Tage vor seinem Tode trug er eine von ihm verfaßte Schrift selbst in die Druckerei. Schon seit längerer Zeit hatte er sich krank gefühlt; dennoch hörte er nicht auf, den Studenten die gewöhnlichen Vorlesungen zu halten und überhaupt in der gewohnten Weise fortzuarbeiten. Seinem Schwiegersöhne, einem Arzte, der ihn auf das Gefährliche seiner Krankheit aufmerksam machte, erwiderte er: „Ist es Gottes Wille, Daß ich sterben soll, so will ich herzlich gern sterben und bitte Gott nur um einen fröhlichen Abschied." Er starb am 19. April 1560, 63 Jahre und 63 Tage alt. Als ihn kurz vor seinem Ende der schon einmal erwähnte Schwieger-
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