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1. Das Jahrhundert des Großen Kurfürsten - S. 34

1891 - Berlin : Verl. der Buchh. der "Dt. Lehrer-Zeitung"
— 34 — in vielen der kleineren märkischen Städte die einzigen vorhandenen Waffen. Ein Feuergewehr anzuschaffen, erschien dem ehrsamen Handwerker als eine kostspielige Ausgabe, und wie wenige gab es, die es geschickt zu gebrauchen verstanden! Es war dies ein Ubelstand, der eine glückliche Verteidigung seiner Stadt oder seines Landes dem Bürger fortan ganz unmöglich machte. Da befahl 1617 Johann Sigismund, der selbst vortrefflich mit dem Feuergewehr umgehen konnte, dem Rate zu Berlin, für die Büchsen-und Bogenschützen eine Vogelstange auszurichten. Er gab dazu einen Teil der Kosten her und konnte den Schießstand nicht schnell genug fertig sehen. Die Schießübungen scheinen den Bürgern einiges Vergnügen gemacht zu haben. Sie dauerten den ganzen Krieg durch, denn noch aus dem Jahre 1641 erfahren wir, daß sie im Gange waren und zumeist an Sonntagen nach der Predigt angestellt wurden. Schon unter Johann Sigismund wurde bei Hose eine Kapelle unterhalten, zunächst Wohl für Zwecke des Gottesdienstes; sogar ein italienischer Sänger stand damals in kurfürstlichen Diensten. Aber auch das Volk liebte die Musik, tanzte nach Pfeift und Geige oder sang zu ihrem Spiele feine einfachen Lieder. Als der Krieg schon den Grenzen nahe war, lebten die Bürger, und besonders in Berlin, noch immer sorglos dahin. Man bekümmerte sich wenig um politische Dinge, nur in Sachen der Religion blieb man argwöhnisch. Sonst genoß man die Gegenwart und war wegen der Zukunft unbesorgt. Vor allem liebte man Komödien und Gaukelspiele und bewunderte gern die Künste der Fecht- und Tanzmeister, der Springer und Seiltänzer. Bären- und Affenführer fanden immer ein aufmerksames Publikum; sogar die Herren vom Rate und der Geistlichkeit waren eifrige Zuschauer solcher Ergötzlichkeit. Das Leben unserer Vorfahren verlief einförmiger als das unsrige und war voller Mühe und Arbeit. Die Fülle der Unterhaltungen, welche uns zu Gebote steht, fehlte ihnen; sie entschädigten sich aus andere Weise. Bei allen Vergnügungen ging es laut, wild und unmäßig her. Es lag im Charakter der Zeit, die Grenzen des bei solcher Gelegenheit Erlaubten weit auszudehnen; vieles, was uns derb und unschicklich vorkommt, erregte damals keinen Anstoß. Daher die widerlichen Ausschreitungen im Essen und Trinken, die unsinnige Verschwendung in Kleidung und Putz, das wüste und wilde Lärmen und Treiben bei jeder Lustbarkeit! Man glaube aber nicht, daß es sonst gänzlich an Zucht und Sitte gefehlt hätte; es ist ein gutes Zeichen, daß die Ehe in Achtung stand und heilig gehalten wurde. Der dreißigjährige Krieg hat natürlich die Sitten nicht gebessert; sie sind unter ihm nur noch roher geworden. Die lange, lange Zeit der Not trübte auch den rechtlichen Sinn der Menschen, und erst die treue Fürsorge weiser Fürsten erweckte den edlen Kern, der in unserm Volke lag, zu neuem Leben. Gottesfurcht, Fleiß und Tüchtigkeit im Denken und Thun sind die Früchte, welche aus solcher Arbeit erwuchsen.
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