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1. Das Jahrhundert des Großen Kurfürsten - S. 36

1891 - Berlin : Verl. der Buchh. der "Dt. Lehrer-Zeitung"
— 36 — den Landsturm auf, um den Fremdlingen den Marsch durch ihr Gebiet zu wehren. Oberst Grey sah sich daher genötigt, am linken Elbufer entlang zu ziehen, durch das Lüneburgische. Beim Städtchen Lenzen wurde das Corps über die Elbe gesetzt und trat dann den Marsch durch die Mark an. Obwohl man in dem begonnenen Kampfe neutral bleiben wollte, hatte die kurfürstliche Regierung doch den Durchzug gestattet, um die reformierte Sache zu unterstützen. Das lutherische und gut kaiserlich gesinnte Volk war mit diesem Verhalten unzufrieden. Pruckmann, der Vorsteher des Geheimen Staatsrates, fühlte sich darüber auch nicht wenig beunruhigt und meldete dem im fernen Preußen weilenden Kurfürsten: „Ich wollte, daß die Fremden erst vorüber wären. Das Volk, aus Haß gegen die reformierte Religion, geht knurren und murren, daß man sie nicht von der Grenze abgehalten". Die Regierung that, was sie konnte, damit der Marsch in Ordnung und Frieden vor sich gehe. Kurfürstliche Kommissare hatten für Quartier und Verpflegung der Truppen zu sorgen; unter ihnen befand sich der Geheime Rat von Vellin, welcher der englischen Sprache kundig war. Der Unterhalt sollte den Soldaten aus landesherrliche Kosten umsonst gegeben werden, um ihnen jeden Anlaß zu eigenmächtigen Requisitionen zu nehmen. Ansangs ging alles ganz gut. Die Leute hielten sich beim Beginne des Marsches wacker, und nicht die geringste Beschwerde wurde laut über sie, wenn man den Berichten an den Kurfürsten glauben darf. Doch bald änderte sich dies. Zuerst jammerte man über die Krankheit, welche sie ins Land geschleppt, dann aber er-erhoben sich laute Klagen über ihre Zuchtlosigkeit. Sie wirtschafteten noch ärger als das Weimarsche Regiment, raubten, mißhandelten das Landvolk und verübten Gewaltthat allerorten. Furcht und Schrecken lief vor ihnen her; wer irgend konnte, flüchtete nach Berlin und brachte sich dort in Sicherheit. Um das Gesindel zu zügeln, rief man den Landsturm, die Bauern, zusammen; im Havellande und in der Grafschaft Ruppin mußte die Ritterschaft aufsitzen, und dennoch gelang es nicht überall, Unheil abzuwenden. Ja, die Fremden gerieten einander selbst in die Haare; zwischen Engländern und Schotten nahmen die Raufereien kein Ende. Im Amte Bellin lieferten sie sich ein förmliches Gefecht; ihre Offiziere und brandenburgische Edelleute mußten einhauen, ehe sie Frieden hielten. 27 Mann blieben auf der Stelle tot, eine große Anzahl wurde verwundet. Oberst Grey, ein sonst energischer Mann, der schnelle und harte Justiz liebte, konnte doch dieser Rotte gegenüber wenig ausrichten, außer er hätte seine Leute allesamt aufknüpfen lassen müssen. Nirgends wohl zeigte sich eine größere Aufregung über die Fremdlinge als in der Residenz. Hier waren über ihre Ausführung die schlimmsten Erzählungen im Umlaufe; man fürchtete, sie würden die „Pest" in die Stadt bringen, und haßte sie als gottlose Calvinisten. Man sah hinter ihrem Erscheinen aber noch etwas anderes. Bei dem Tumulte 1615 war der Herzog von Jägerndors, Johann Georg, des Kurfürsten Oheim, insultiert worden. Jetzt, hieß es, werde er mit den Engländern in die Stadt ziehen und an den Aufrührern von damals sein
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