Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Das Jahrhundert des Großen Kurfürsten - S. 71

1891 - Berlin : Verl. der Buchh. der "Dt. Lehrer-Zeitung"
— 71 — 23. Äns Magdeburgs Schreckenstngen. (1631.) (Nach der Erzählung des Predigers Christoph Thodanus*). Am 10. Mai 1631, an einem Dienstage, war ich gerade von einer Amtshandlung nach Hause gekommen, da hieß es plötzlich: „Der Feind ist ans dem Wall und in der Stadt". Wir erschraken natürlich heftig darob und wollten solches anfänglich nicht glauben. Bald aber merkten wir nur zu gut, daß es wahr wäre. Ich ging darauf mit meiner Fran und unserer Magd in das Haus meines Kollegen, des Pfarrherrn Johannes Malfius, wohin sich auch sehr viele andere Leute flüchteten. Wir haben da einander getröstet, zusammen gebetet und unsere Seelen dem getreuen Gott befohlen und in Furcht und Schrecken erwartet, wie es uns noch ergehen würde. Unterdessen schickte ein hoher Offizier unsers eigenen Kriegsvolkes zu mir. Er lag in einem Gasthause gefährlich verwundet und begehrte, ich sollte zu ihm kommen und ihn trösten, er würde es wohl nicht mehr lange machen. Ich nahm Abschied von meiner Frau, indem ich ihr mit betrübtem Herzen zurief: „Wir sehen uns in diesem Leben nicht wieder!" Und obwohl meine Frau unter vielen heißen Thränen klagte: „Ach, daß ihr mich hier allein lassen wollt, das sei Gott geklagt!" habe ich sie doch beruhigt und ihr vorgestellt, daß ich meines Amtes warten müßte. Also bin ich in Gottes Namen zum Hause hinaus und nach dem Gasthause gegangen. In der Vorderstube fand ich den Verwundeten auf der Erde liegen und tröstete ihn, fo gut ich es in meiner Angst vermochte. Er hörte mir mit großer Andacht zu und ließ mir auch durch feinen Diener einen Dukaten reichen, welchen ich hernach doch aus dem Tische habe liegen lassen. Er bat mich, daß ich bis an sein Ende bei ihm bliebe und nachher für sein ehrliches Begräbnis sorgen möchte. Während ich noch bei ihm saß, kam plötzlich meine Frau, von Angst getrieben, mit der Magd zu mir ins Zimmer. Unterwegs hatte sie gesehen, wie der Feind auf dem Breiten Wege das Volk vor sich her jagte und beständig unter die Menge schoß, so daß *) Gekürzt und in der Darstellung zusammengedrängt. Thodanus war Prediger zu St. Katharinen in Magdeburg, nachher Prediger in Rendsburg. Der Bericht findet sich gleichlautend abgedruckt in: „Magdeburgs sonderbare Herrlichkeit, von Johannes Vnlpius, Magdeburg 1702", und in: „Das zerstöhrete und wieder aufgerichtete Magdeburg, von Calvisius, Magdeburg 1727". Es hatte die Stadt Magdeburg dem Restitutionsedikt Widerstand geleistet, dem zu seinem Erzbischöfe ernannten Sohne des Kaisers, Leopold Wilhelm, wie auch kaiserlicher Besatzung die Aufnahme verweigert und sich nachher dem Leipziger Konvente angeschlossen. Wallenstein belagerte sie vergeblich 1629. Die zweite Belagerung von 1631 unter Tilly und Pappenheim endete mit der Eroberung der Stadt am 10./20. Mai 1631.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer