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1. Das Jahrhundert des Großen Kurfürsten - S. 73

1891 - Berlin : Verl. der Buchh. der "Dt. Lehrer-Zeitung"
— 73 — Wir in dieses Haus gekommen wären, ließen sie uns in Ruhe und gingen weiter. Wir aber stiegen die zwei Treppen hinauf zum Boden, weil wir uns dort sicherer glaubten als unten. Was wir aber da an Furcht, Schrecken und Todesqualen ausgestanden, weiß der liebe Gott allein. Draußen hörten wir den lauten Schlag der Trommeln, Kriegsgeschrei, und wie große Reiterscharen einritten. Im Hause unter uns wurden alle Thüren eingehauen und das mit solcher Wut und so entsetzlichem Geschrei, daß einem vor Angst die Haare zu Berge standen, und das Herz erzitterte und bebte. Endlich kamen die, welche bisher da unten getobt, auch zu uns auf den Boden. Sobald sie uns erblickten, wollte mir einer mit dem Beile über den Kopf hauen. Sein Kamerad aber hielt ihn zurück und sagte: „Was willst du thun? Du siehst ja, daß es ein Prediger ist!" Da ließ er's sein. Bald aber kamen andere; einem von ihnen mußte meine Frau den Flor geben, welchen sie noch um den Hals hatte. Zuletzt stürmt ein toller Eisenbeißer mit blankem Degen die Treppe hinauf. Sofort siel er über mich her und versetzte mir eins über den Kopf, daß ich fehr blutete und der weiße Predigerkragen und Rock voller Blut würden. Meine Frau schrie babei laut aus, er aber brohte, sie zu erstechen. Doch ließ er sich von mir besänftigen, und als ich ihm sagte, er sollte doch mit uns in unser Haus gehen, ba wollte ich ihm geben, was wir noch hätten, erwiberte er: „Nun. so komm', Psaff! gieb mir dein Geld. Rufe auf der Straße nur immer: Jesus Maria! daun thut dir kein Soldat mehr etwas". Meine Frau griff ihn nun sest beim Mantel, wir reichten uns unter einander die Hände und gingen fo die Treppen hinunter auf den Hof. Auf dem Breiten Wege brängten sich taufenbe von kaiserlichen Sol-baten; aus dem Pflaster aber lagen die Körper vieler erschossenen Bürger. Als wir in die Nähe der Katharinenkirche und ein unser eigenes Haus kamen, faßte uns ein vornehmer Offizier ins Auge. Von seinem Pferde herab ries er unserm Führer zu: „Kerl, verfahre mit den Leuten so, daß du es verantworten kannst!" Dann wandte er sich ein meine Frau und fragte sie: „Ist das bort euer Haus?" Und als sie mit Ja antwortete und ihn babei so ansah, als ob von ihm Hilfe und Rettung kommen müßte, sprach er: „Fasset an den Steigbügel hier und nehmt euern Herrn bei der Hand, es soll euch ferner nichts mehr geschehen!" Unser Soldat nahm bnraitf Reißaus, ohne von uns einen einzigen Heller bekommen zu haben; mir aber hat er mit dem Hiebe über den Kopf ein Anbeuten hinterlassen, das ich vor- weisen kann, fo lange ich lebe. Wir eilten auf unser Haus zu. Dicht vor der Thür stießen wir auf einen der Plünberer, der trug die drei schönsten Kleider meiner Frau davon. Wir mußten dazu ganz stille sein. Unser Offizier — er war Oberstwachtmeister im Savellifchen Regiment — ritt an die Thür und rief hinein: „Heraus, heraus!" ba mußten alle herauskommen , die noch btinnen waren. Zu uns aber sprach er: „Nun, Frau, gehet hinein und verbinbet euern Herrn, bis wir einen Feldscher
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