Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Das Jahrhundert des Großen Kurfürsten - S. 86

1891 - Berlin : Verl. der Buchh. der "Dt. Lehrer-Zeitung"
Getauft wurde „das junge Herrlein" am 30. Juli; der Kurfürst war aus Preußen noch nicht zurückgekehrt. Paten des Prinzen waren auch der brandenburgische Adel und die Städte, welche kein anderes Geschenk mitbringen sollten, als die dem künftigen Landesherrn schuldige Treue. Die Kindheit des großen Kurfürsten fiel in die für unser Vaterland unglücklichste Zeit. Fremde Kriegsscharen hausten im Lande; auch in Berlin, das leider so gut wie unbefestigt war, glaubte man sich oft vor ihnen nicht sicher. Mehrmals schien es daher geboten den Hoshalt des jungen Prinzen zu verlegen. Als dieser fünf Jahre alt war, wurde feine Erziehung dem verständigen Johannes von Borch anvertraut, der bereits Hofmeister seines Vaters gewesen war. Seit Mai 1627 lebte Friedrich Wilhelm in Küstrin unter der Leitung eines klugen und erfahrenen Staatsmannes, des Johann Friedrich Kalkhuhn, genannt von Leuchtmar. Sein kindliches Gemüt empfing schon früh ernste und trübe Eindrücke. Er sah das Unglück seiner mütterlichen Familie; sein Oheim Friedrich hatte Land und Leute verloren und führte das elende Leben eines Flüchtlings. Aber auch die Gefahr, in welcher fein eigenes Haus schwebte, konnte ihm nicht verborgen bleiben. Überall traf er auf die Spuren eines erbarmungslos geführten Krieges. Bei der Not und Bedrängnis der Zeit war die größte Einschränkung geboten und auch der Hofhalt des Prinzen auf das knappeste hergerichtet. Ost hatte_ man Mühe, die dringendsten Bedürfnisse zu _ befriedigen. Mit feinen Einkünften war der Prinz auf die Gefälle der Stadt Landsberg an der Warthe angewiesen; kaiserliche Truppen aber nahmen 1629 hier Quartier und legten Beschlag auf alle Zölle und Abgaben. Da ließ man Friedrich Wilhelm ein Bitt-fchreiben an Wallenstein unterzeichnen, in welchem es heißt: „Unsers Herrn Vaters ganzes Land ist durch Durchzüge so verderbt, daß kein Ort übrig, der uns armen, jungen Fürsten hätte zu unserm Unter-halte übergeben werden können, als die ohnehin sehr verringerten Gefälle dieses Städtchens". Wallenstein wurde gebeten, Landsberg ferner mit Einquartierung zu verschonen, und er, der sonst wenig vder gar keine Rücksicht nahm, gab doch in diesem Falle nach und ließ den Ort von feinen Truppen räumen. Bei aller Zurückgezogenheit fehlte es dem jungen Prinzen nicht ganz an Vergnügungen. Vor allem war es die Jagd, welche ihn schon frühzeitig anzog, ohne daß die Lust daran je zur Leidenschaft bei ihm wurde. Er war noch ein Knabe, als man ihn in die damals itngemein reich bestandenen Wildbahnen führte, um die Hirsche Zu belauschen oder zuzusehen, wie man den Eber erlegte. Häufig machten ihm kaiserliche Offiziere in Küstrin ihre Aufwartung und einer derselben, ein Graf Schafgotfch, verehrte ihm ein manfefahles Pferdchen, worüber er sich nicht "wenig freute, weil es so schön und klein war. Der Aufenthalt in Küstrin ward bisweilen mit dem in Letzlingen unterbrochen. Letzlingen, ein Jagdschloß in der Altmark, lag ganz in dichten Waldungen versteckt, und hier konnte sich der Prinz nach Herzenslust in der freien Natur ergehen.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer