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1. Das Jahrhundert des Großen Kurfürsten - S. 191

1891 - Berlin : Verl. der Buchh. der "Dt. Lehrer-Zeitung"
ihnen vielmehr im Gegenteil alle mögliche Hilfe und Freundschaft, Liebes und Gutes erwiesen werde". Die Verheißungen des Edikts wurden treu gehalten. Die Geldmittel, welche der Kursürst zu seiner Ausführung aufwandte, waren nicht gering. Biele der Flüchtlinge folgten dem Rufe des hochherzigen Fürsten; man rechnet, daß gegen 20000 ein Asyl in seinem Lande suchten und fanden. In allen Provinzen, in größeren und kleineren Städten, in Flecken und Dörsern wurden sie angesiedelt und zu besonderen Gemeinden vereinigt. Eine eigene Behörde ward eingesetzt, sie zu empfangen, unterzubringen und mit dem für die erste Einrichtung Notwendigen zu versehen. Die Vornehmsten unter den Ankömmlingen wurden stets bei Hose vorgestellt. Mit Teilnahme hörte dann der Kurfürst zu, wie sie von den ausgestandenen Leiden und den Gefahren der Flucht erzählten, und oft rührte ihn der Bericht dessen, was die Unglücklichen erduldet, bis zu Thränen. Einmal befahl er, die Refugiös mit einer größeren Summe Geldes zu unterstützen. Die Kaffen aber waren leer und die Beamten in größter Verlegenheit, wie sie dem Befehle ihres Herrn nachkommen sollten. „Nun wohl", entschied da Friedrich Wilhelm, „so möge man lieber mein Silbergeschirr verkaufen, als diese Leute ohne Hilse lassen". Nun wurde das verlangte Geld herbeigeschafft. Für diejenigen Reformierten, welche durch die Schweiz kamen, war der Bruder des Predigers de Gaultier, Jaques de Gaultier, thätig, indem er ihnen Päffe und Geld zur Reise ins Brandenburgische einhändigte und sie zu Tausenden zur Ansiedelung in den Staaten des Kurfürsten zu bestimmen wußte. Jaques de Gaultier ließ sich später als Arzt in Berlin nieder. Noch auf feinem Sterbebette gedachte der Kurfürst der Refngi^s. „Ich habe eine angenommene Familie", fprach er, „die mir aber nicht weniger teuer ist als diejenige, durch welche mich die Natur zum Vater gemacht hat. Es ist die große Zahl der Flüchtlinge, deren Kirchentrümmer ich ans Frankreich gerettet, und welche ich nach dem unglücklichsten kirchlichen Schiffbruche in meine Staaten, wie in einen sichern Hafen, aufgenommen habe". Die Franzofen fanden in Brandenburg mehr, als sie in ihrem Vaterlande verloren hatten. Freilich erschien hier der Himmel nicht so heiter wie in dem schönen, sonnigen Frankreich; statt der Rebenhügel, die sie verlassen, erstreckte sich weithin Wald, Heide und Sumpf. Die Städte waren verfallen, die Dörfer elend, Lebensart und Sitte der Bewohner rauh und unfein. Aber von dem Fürsten dieses Landes wurden sie mit Liebe empfangen und mit Wohlthaten überhäuft; die Möglichkeit einer glücklichen bürgerlichen Existenz und die Freiheit des Glaubens und Gewiffens war ihnen zurückgegeben. Ihre Aufnahme erforderte von dem Kurfürsten viele Opfer; dies so angelegte Kapital brachte aber den reichsten Segen. Schon daß das Land, welches durch den dreißigjährigen Krieg entvölkert worden, einen so großen Zuwachs an Menschenkraft erhielt, war als ein Gewinn zu betrachten. Und nicht alle Hugenotten kamen ganz mittellos; das,
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