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1. Das Jahrhundert des Großen Kurfürsten - S. 207

1891 - Berlin : Verl. der Buchh. der "Dt. Lehrer-Zeitung"
— 207 — wegen; es müsse aus guten Gründen bei dem Reverse bleiben, Gerhardt könne nur zwischen der Unterschrift und dem Amte wählen. Erneute Vorstellungen des Magistrats, einiger Gewerke und auch der märkischen Stände hatten endlich den Ersolg, daß Friedrich Wilhelm fortan nicht mehr auf Gerhardts Unterschrift bestehen und ihn auch ohne solche in fein Predigtamt wieder einsehen wollte. Nur erwarte der Kurfürst, daß er sich so verhalte, wie es das Edikt vorschreibe, und auch ferner feine vordem bekannte Mäßigung in Religionsfachen bewahre. Nach wenigen Monaten verzichtete Gerhardt freiwillig auf fein Amt; er glaubte es feinem Gewissen schuldig zu fein, in nichts nachzugeben. Der Kurfürst hatte von ihm nicht die beste Meinung; er hielt ihn für widersetzlich und machte deshalb auch keine Versuche, ihn in Berlin zu halten, sondern schrieb an den Magistrat: „Wenn der Prediger Paul Gerhardt das ihm von mir gnädigst wieder erlaubte Amt nicht wieder betreten will, was er vor dem höchsten Gott zu verantworten haben wird, so soll der Magistrat andere friedliebende Leute zur Ablegung der Probepredigt einladen, aber selbige nicht eher berufen, bis mir von deren Eigenschaften Bericht abgestattet ist". Gerhardt wurde hernach durch seinen Gönner, den Herzog Christian von Sachsen-Merseburg, als Archidiakonus nach Lübben berufen. Ehe er aus Berlin schied, hatte er noch das Unglück, feine Gattin zu verlieren. Sie starb 1668. 1669, am Trinitatissonntage, trat Gerhardt fein neues Amt in Lübben an. Er starb hier am 7. Juni 1676 als Pastor Primarius, 70 Jahr alt. _ Eine der merkwürdigsten Erscheinungen in diesen betrübenden konfessionellen Zänkereien ist Andreas Fromm, seit 1651 Propst an der Petrikirche in Berlin. Jahre hindurch hielt er Frieden mit den Reformierten; die Gattin des reformierten Hospredigers Bergius übernahm fogar Patenstelle bei seinem Sohne, ein damals ganz unerhörtes Beispiel gegenseitiger Duldung. 1666 plötzlich kehrte Fromm seine gehässige und streitsüchtige Gesinnung heraus, und dies gleich in so unangenehmer Weise, daß alle Vorstellungen des Konsistoriums ohne Erfolg bei ihm blieben und der Kurfürst noch in demselben Jahre feine Absetzung befehlen mußte. Fromm ging zuerst nach Wittenberg, dann nach Dresden und zuletzt nach Prag, wo er katholisch wurde. Vielfach wird er als der Verfaffer der Leninschen Weissagung angesehen. 59. Die Persönlichkeit des großen Kurfürsten. Friedrich Wilhelm war von mittlerer Leibesgröße und starkem Körperbau, sein Gang bestimmt und schnell, seine Stimme kräftig, aber doch einnehmend und leicht zutraulich werdend. Der ihm eigene Ernst wurde durch einen wohlwollenden Sinn gemildert; sein offenes, ungezwungenes Wesen gewann bald alle Herzen, seine fürstliche, wür-
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