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1. Das Jahrhundert des Großen Kurfürsten - S. 228

1891 - Berlin : Verl. der Buchh. der "Dt. Lehrer-Zeitung"
— 228 — und sich im Sommer 1692 nach Teplitz, also ans östreichisches Gebiet, zum Gebrauche der dortigen Bäder begab. Von seiner Ankunft daselbst schickte Gras (Hatt), der Besitzer von Teplitz, gleich Meldung nach Wien. Auf den Rat seiner Minister gab der Kaiser Leopold, doch mit einigem Widerstreben, weil er der früheren guten Dienste Schönings gedenken mochte, die Erlaubnis, sich der Person des Feldmarschalls zu bemächtigen. Den Vorschlag, ihn in Teplitz niederzuschießen, verwarf er mit der Bemerkung: „Ei, behüt's Gott, nicht morden!" In der Nacht zum 23. Juni 1692 umstellte ein Kommando von 50 Soldaten Schönings Wohnung; der sie befehligende Offizier ließ die Thüren mit Gewalt erbrechen und den Feldmarschall aus dem Bette holen. Man erlaubte ihm kaum, einen Schlafrock umzuwerfen; in bloßen Füßen mußte er sich alsbald in eine Kalesche setzen. Ein Offizier und zwei Mann stiegen mit auf, und fort ging es im schnellsten Carriere Prag zu. Schönings Adjutant, Major von Droste, jagte sogleich dem Wagen nach, holte ihn ein und versuchte mit dem Gefangenen die schwache Bedeckung zu überwältigen. Da legte einer der Soldaten auf den Feldmarschall an und drohte, ihn zu erschießen; mit Mühe nur verhinderte dies der Adjutant. Ihm blieb nichts anderes übrig, als zurückzureiten und den Unglücklichen den Händen seiner Räuber zu überlassen. Über diesen Akt kaiserlicher Kabinettsjustiz war der Kurfürst von Sachsen mit Recht erzürnt und fühlte sich in seiner eigenen Person gekränkt. „Die Fürsten selbst wären vor dem Kaiser bald nicht mehr sicher in ihrem Lande!" klagte er. Der Kaiser versuchte es, ihn durch zwei Briefe zu beruhigen, doch vergeblich, und die große Verstimmung Kursachsens zeigte sich darin, daß nun auch die letzten 3000 Mann von der Reichsarmee abberufen wurden. Johann Georg erklärte, nicht eher wieder etwas für das Reich thun zu wollen, bis Schöning frei und ihm wegen des erlittenen Schimpfes Genugthuung gegeben worden fei. Er nahm sich die Sache so zu Herzen, daß er darüber krank und fast tiefsinnig wurde. Von Prag wurde Schöning nach dem Spielberge bei Brünn gebracht und hier fcharf verhört. Man wollte durchaus einen zweiten Wallenstein aus ihm machen; doch ergab sich nichts, was eine solche harte Anklage hätte rechtfertigen können. Mit dem eigenmächtigen Schritte feiner Gefangennahme hatte man nur Schlimmes angerichtet. Denn nicht genug, daß man Kurfachsen aufs höchste verletzt und alle deutschen Fürsten mißtrauisch und argwöhnisch gemacht hatte, spürte man die Folgen des unglückseligen Verfahrens auch in dem Gange des Krieges. Nach Zurückberufung der sächsischen Truppen konnte der Oberrhein nicht mehr gegen die Franzosen gehalten werden, und die kaiserlichen Waffen erlitten hier eine Niederlage nach der andern. In seiner Haft wurde Schöning hart behandelt, erst vom Herbste 1693 an auf nachdrückliche Vorstellungen des Dresdener Hofes etwas leidlicher. Aber auch dadurch, daß sich Sachsen, aus Rücksicht auf
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