Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Quellenlesebuch - S. 129

1916 - Leipzig : Hirt
21. Belle-Alliance. 129 Erscheinen der Preußen in Napoleons Rcken und rechter Flanke den Schlachtplan des Jmperawrs vllig umstie. Der Kampf verlief wie eine planvoll gebaute Tragdie; zu Anfang eine einfache Verwicklung, dann gewaltige Spannung und Steige-mng, zuletzt das Hereinbrechen des alles zermalmenden Schicksals; unter allen Schlach-ten der modernen Geschichte zeigt wohl nur die von Kniggrtz in gleichem Mae den Charakter eines vollendeten Kunstwerks. Der letzte Ausgang hinterlie in der Welt darum den Eindruck einer berzeugenden, unabwendbaren Notwendigkeit, weil ein -wunderbares Geschick jeder der drei Nationen und jedem der Feldherren genau die Rolle zugewiesen hatte, welche der eigensten Kraft ihres Charakters entsprach: die Briten bewhrten in der Verteidigung ihre kaltbltige, eiserne Ausdauer, die Franzosen als Angreifer ihren ritterlichen, unbndigen Mut, die Preußen endlich die gleiche strmische Verwegenheit im Angriff und dazu, was am schwersten wiegt, die Selbstverleugnung des begeisterten Willens. Napoleon rechnete mit Sicherheit auf einen raschen Sieg, da er die Preußen fern im Sdosten bei Namur whnte. Seine Armee zhlte der 72 000 Mann, war dem Heere Wellingtons namentlich durch ihre starke Kavallerie und die berzahl der Ge-schtze 240 gegen 150 Kanonen berlegen. Unter solchen Umstnden schien es unbedenklich, den Angriff auf die Mittagszeit zu verschieben, bis die Sonne den durch-weichten Boden etwas abgetrocknet htte. Um den Gegner zu schrecken und die Zu-versteht des eignen Heeres zu steigern, veranstaltete der Jmperawr im Angesichte der Englnder eine groe Heerschau; krank wie er war, von tausend Zweifeln und Sorgen gepeinigt, empfand er wohl auch selber das Bedrfnis, sich das Herz zu erheben an dem Anblick seiner Getreuen. So oft er spterhin auf seiner einsamen Insel dieser Stunde gedachte, berkam es ihn wie eine Verzckung, und er rief: die Erde war stolz, so viel Tapfere zu tragen!" Und so standen sie denn zum letztenmal in Parade vor ihrem Kriegsherrn, die Veteranen von den Pyramiden, von Ansterlitz und Boro-diuo, die so lange der Schrecken der Welt gewesen und jetzt aus dem Schiffbruch der alten Herrlichkeit nichts gerettet hatten als ihren Soldatenstolz, ihre Rachgier und die unzhmbare Liebe zu ihrem Helden. Die Trommler schlugen an, die Feldmusik spielte das Partant pour la Syrie! In langen Linien die Brenmtzen der Grenadiere, die Roschweifhelme der Krassiere, der betroddelten Tschakos der Voltigeure, die flattern-den Fhnchen der Lanciers, eines der prchtigsten und tapfersten Heere, die die Ge-schichte sah. Die ganze prahlerische Glorie des Kaiserreichs erhob sich noch einmal, ein berwltigendes Schauspiel sr die alten Soldatenherzen; noch einmal erschien der groe Kriegsfrst in seiner finstern Majestt, so wie der Dichter sein Bild kommenden Geschlechtem berliefert hat, mitten im Wetterleuchten der Waffen zu Fu, in den Wogen reitender Männer. Die brausenden Hochrufe wollten nicht enden; hatte doch der Abgott der Soldaten vorgestern erst aufs neue seine Unbesiegbarkeit erwiesen. Und doch kam dieser krampfhafte Jubel, der so seltsam abstach von der gehaltenen Stille drben im englischen Lager, aus gepreten Herzen: das Bewutsein der Schuld, die Ahnung eines sinstem Schicksals lag der den tapfern Gemtern. Zehn Stunden noch, und die verwegene Hoffnung des deutschen Schlachtendenkers war erfllt, und dies herrliche Heer mit seinem Trotze, seinem Stolze, seiner wilden Mnnerkraft war vernichtet bis auf die letzte Schwadron. Um 1/212 Uhr begann Napoleon die Schlacht, lie feinen linken Flgel gegen das Schlo Goumout vorgehen, während er zugleich auf feiner Rechten die Anstalten fr den entscheidenden Sto traf. Vier Divisionen Fuvolk scharten sich dort zu einer riesigen Heersule zusammen; eine bei Belle-Alliance aufgestellte groe Batterie Quellenbuch. 9
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer