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1. Quellenlesebuch - S. 157

1916 - Leipzig : Hirt
24. Der Berliner Kongre. 157 Irrtmer in der Kabinettspolitik der groen Mchte strafen sich nicht sofort, weder in Petersburg noch in Berlin, aber unschdlich sind sie nie. Die geschichtliche Logik ist noch genauer in ihren Revisionen als unsre Oberrechenkammer. Bei Ausfhrung der Kongrebeschlsse erwartete und verlangte Rußland, da die deutschen Kommissarien bei lokalen Verhandlungen darber im Orient, bei Divergenzen zwischen russischen und andern Auffassungen, generell der russischen zustimmen sollten. Uns konnte in manchen Fragen allerdings die objektive Entscheidung ziemlich gleichgltig sein, es kam fr uns nur darauf an, die Stipulationen ehrlich auszulegen und unsre Beziehungen auch zu den brigen Gromchten nicht durch parteiisches Verhalten zu stren in Lokalftagen, die ein deutsches Interesse nicht berhrten. Die leiden-schaftliche Bitterkeit der Sprache aller russischen Organe, die durch die Zensur auwri-sierte Verhetzung der russischen Volksstimmung gegen uns lie es dann geraten erscheinen, die Sympathien, die wir bei nichtrussischen Mchten noch haben konnten, uns nicht zu entfremden. In dieser (Situation nun kam ein eigenhndiges Schreiben des Kaisers Alexander, das trotz aller Verehrung fr den bejahrten Freund und Oheim an zwei Stellen be-stimmte Kriegsdrohungen enthielt in der Form, die vlkerrechtlich blich ist, etwa des Inhalts: wenn die Weigerung, das deutsche Votum dem russischen anzupassen, festgehalten wird, so kann der Friede zwischen uns nicht dauern. Dieses Thema war in scharfen und unzweideutigen Worten an zwei Stellen variiert. Da Fürst Gor-tschakow, der am 6. September 1879 in einem Interview mit dem Korrespondenten des orleanistischen Soleil", Louis Peyramont, Frankreich eine sehr auffallende Liebeserklrung machte, auch an jenem Schreiben mitgearbeitet hatte, sah ich dem letztem an; durch zwei sptre Wahrnehmungen wurde meine Vermutung besttigt. Im Oktober hrte eine Dame der Berliner Gesellschaft, die in dem Hotel de 1'Europe in Baden-Baden Zimmernachbarin Gortschakows war, ihn sagen: j'aurais voulu faire la guerre, mais la France a d'autres intentions". Und am 1. November war der Pariser Korrespondent der Times" in der Lage, seinem Blatte zu melden, vor der Zusammenkunft in Alexandrowo habe der Zar an Kaiser Wilhelm geschrieben, sich der die Haltung Deutschlands beschwert und sich der Phrase bedient: Der Kanzler Ew. Majestt hat die Versprechungen von 1870 vergessen". Angesichts der Haltung der russischen Presse, der steigenden Erregtheit der groen Massen des Volkes, der Truppenanhufung unmittelbar lngs der preuischen Grenzen wre es leichtfertig gewesen, den Ernst der Situation und der kaiserlichen Drohung gegen den srher so verehrten Freund zu bezweifeln. Da Kaiser Wilhelm auf den Rat des Feldmarschalls von Manteuffel am 3. September 1879 nach Alexandrowo ging, um die schriftlichen Drohungen seines Neffen mndlich begtigend zu beant-Worten, widerstrebte meinem Gefhle und meinem Urteil der das, was not tue. Iii. Betrachtungen analog denen, welche den Versuch widerrieten, die komplizierten Schwierigkeiten von 1863 auf dem Wege eines russischen Bndnisses zu lsen, standen in der zweiten Hlfte der siebziger Jahre ebenfalls einer strkeren Akzentuierung der russischen Freundschaft ohne Ofterreich entgegen. Ich wei nicht, inwieweit Graf Peter Schuwalow vor Beginn des letzten Balkankrieges und während des Kongresses ausdrcklich beauftragt war, die Frage eines deutsch-russischen Bndnisses zu
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