1893 -
Gütersloh
: Bertelsmann
- Autor: Klee, Gotthold Ludwig
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
11. Die Kimbern und Teutonen.
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dringenden stürzten, wichen diese zurück und wurden in das
Thal gedrängt. Hier aber stand die Schlacht lange. Es war
ein furchtbar ernster, mörderischer Kampf. Unerschütterlich
hielten die trotzigen Helden stand, sobald sie den gleichen Boden
unter sich hatten. Doch immer heißer brannte die Mittags-
sonne auf die Söhne des kühlen Nordens, mancher Arm sank
ermattet herab, manchem Helden stockte der Atem in der Brust.
Da ertönte im Rücken der Deutschen lautes Siegesgeschrei.
Es war die Schar, die aus dem Waldversteck hervorbrach.
Immer dichter ward das Gedränge, in das die Helden sich
verstrickt sahen, immer gräßlicher die Verwirrung. Von zwei
Seiten zugleich angegriffen, löste sich ihre Schlachtordnung.
Sie suchten zu fliehen. Aber die Wenigen, die sich durch-
rangen , wurden, da sie des Landes völlig unkundig waren,
mit leichter Mühe eingeholt und teils getötet, teils gefangen.
Auch der riesige König Teutobod wurde im nahen Walde er-
griffen und von Marius für seinen Triumph in Rom auf-
gespart, bei dem er großes Aufsehen erregte; denn der gewaltige
Mann überragte noch die Siegeszeichen. Die Wagenburg der
Deutschen wurde von den heldenmütigen Weibern und den
wackeren Kindern lange mit verzweifelter Tapferkeit verteidigt.
Die meisten erlagen dem Schwert der Römer, viele Mütter
töteten erst ihre Kleinen und dann sich selbst. Die wenigen
Frauen, die man lebendig zu fangen vermochte, ließen den
Sieger bitten, sie zu Dienerinnen der jungfräulichen Göttin
Vesta zu machen. Als ihnen die Bitte unedel verweigert wurde,
erdrosselten sie sich alle in der folgenden Nacht.
So endete, wahrlich nicht rühmlos, ein deutscher Volks-
stamm. Etwa hunderttausend Mann waren in der Schlacht
umgekommen; der Weiber und Kinder, die den Heldentod
fanden, mögen wohl dreimal so viel gewesen sein. Mir den
Gebeinen der Gefallenen umfriedigten die Bürger von Massilia
ihre Weingärten; das Erdreich, wo das große Morden ge-
wütet hatte, war noch in viel späterer Zeit von den Leichen
wie gedüngt und erstaunlich fruchtbar.
Es war hohe Zeit gewesen, daß die Gefahr, die von
Nordwesten her Italien bedrohte, beseitigt ward; denn der
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