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1. Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung - S. 277

1893 - Gütersloh : Bertelsmann
36. Totilci, der große Gotenheld. 277 zu unternehmen. Die Belagerten aber warteten das Ende der Zeit nicht ab und öffneten den Goten zu Anfang des Jahres 543 die Thore. Nachdem der König auf diese Weise Herr von Neapel geworden war, zeigte er einen wahrhaft rührenden Edelsinn, wie ihn wohl niemals sonst ein Feind geübt hat, einen Edelsinn, der allein schon den Namen dieses Königs denen der besten Männer aller Zeiten anreiht. Die kaiserlichen Soldaten in der Stadt waren nämlich dergestalt durch Hunger entkräftet, daß er fürchtete, sie würden sterben, wenn sie sich nach so langem Darben plötzlich sättigten. Er ersann daher in seiner Menschenliebe folgendes. Er ließ den Ausgehungerten mit väterlicher Fürsorge anfangs nur ganz wenig Speise reichen, allmählich aber von Tag zu Tag soviel zulegen, daß sie sich unvermerkt wieder an die sonstige Nahrung gewöhnten. So stellte Totila wie ein liebevoller Arzt ihre Kräfte wieder her. Dann erlaubte er einem jeden dahin zu gehen, wohin ihm be- liebte. Und da sie sich schämten nach Konstantinopel zu fahren, so gab er ihnen sogar Pferde und Lasttiere, beschenkte sie mit einem Zehrpfennig und riet ihnen, zu Lande nach Rom zu ziehen. Auch gab er ihnen einige edle Goten als Sicherheits- geleit mit auf den Weg. Nachdem er hierauf die Mauern Neapels zum größten Teil hatte einreißen lassen, zog er eben- falls ab. Er wußte recht gut, daß er nur im offenen Felde Meister war, und wollte lieber in ehrlicher Schlacht Mann gegen Mann kämpfen als mit listigen und künstlichen Mitteln. Um diese Zeit kam ein Römer aus Calabrien zu ihm und führte Klage, daß einer von des Königs Leibwächtern seine Tochter, eine keusche Jungfrau, schändlich mißhandelt habe. Der Schuldige, ein erprobter Krieger, leugnete sein Vergehen nicht. Er hoffte wohl, sein Waffenruhm sichere ihn vor einer Bestrafung. Aber der gerechte König befahl ihn zu verhaften und versprach dem Kläger strenge Ahndung des Verbrechens. Da legten einige der edelsten Goten Fürbitte ein für den ver- dienten Mann. Der König hörte ihre Vorstellungen ruhig an, dann sprach er: „Liebe Volksgenossen, wir wollen den Schuldigen nicht der Strafe entziehen und dadurch selbst unser
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