1893 -
Gütersloh
: Bertelsmann
- Autor: Klee, Gotthold Ludwig
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
36. Totila, der große Gotenheld.
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schnell es anging, wieder ausfüllen und kam in fünfundzwanzig
Tagen damit zustande. Die Bevölkerung strömte rasch wieder
zusammen, reichliche Vorräte wurden von der See her in die
Stadt geschafft. Erstaunt und bestürzt eilte Totila zurück. Er
ließ die gerechten Vorwürfe seiner Großen, daß er die Mauern
nicht ganz zerstört habe, schweigend über sich ergehen und ver-
suchte Rom, ehe die zerstörten Thore wieder hergestellt wären,
zu erstürmen. Am späten Abend kamen die Goten an der
Tiber an und schlugen ihr Lager aus, und schon am folgenden
Morgen stürmten sie mit Heldenmut die Mauern. Doch alles
Blut floß umsonst, und auch von allen späteren Angriffen
mußten sich die Goten mit schweren Verlusten zurückziehen.
Da gab Totila die Belagerung auf und zog sich im April
547 nach Tibur, setzt Tivoli, zurück, das er rasch befestigte
und wohin er alle seine Schätze brachte.
In den beiden folgenden Jahren verrichtete der König
noch manche glänzende Waffenthat; doch fielen keine entscheidenden
Ereignisse vor; denn auch Belisar führte den Krieg matt und
verdrossen, da es gänzlich an Hilfsmitteln fehlte, etwas Großes
zu wagen. Endlich bat er den Kaiser selbst, ihn aus Italien
abzuberufen, und Justinian erfüllte sofort seinen Wunsch und
sandte ihn wieder in den Kampf mit den Persern. Die Goten
waren inzwischen Herren von ganz Italien geworden. Kaum
hatte Belisar Italien verlassen, als auch Rom wieder in die
Hände des Königs fiel, der es selbst diesmal mit schonendem
Edelmut behandelte. Zudem hatte sich der unermüdliche
Herrscher eine bedeutende Kriegsflotte geschaffen, wie sie seit
Theoderichs Tagen nicht bestanden hatte und mit der er
Sicilien, Sardinien und Korsika wieder eroberte und das
Mittelmeer beherrschte. Trotz dieses Glückes trachtete er nur
danach, seinem Volke und dem gequälten Land Italien einen
dauernden Frieden zu verschaffen. Abermals ging ein Friedens-
bote von ihm zum Kaiser. Doch an dem kalten Justinian,
der niemals selbst das Schwert führte, prallte die eindruig--
lichste Vorstellung ab. Mit schnödem Spott wies er Totilas
maßvolle Anerbietungen zurück, und so sah sich dieser wieder
genötigt zum Schwert zu greifen. Justinian aber betraute