1893 -
Gütersloh
: Bertelsmann
- Autor: Klee, Gotthold Ludwig
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
37. Teja, der letzte König der Ostgoten. 291
aber fing alle Geschosse mit dem Schild auf, der ihn deckte.
Oftmals sprang er blitzschnell vor und tötete viele Feinde.
Und wenn sein Schild gänzlich von eingedrungenen Lanzen und
Pfeilen starrte, so reickte er ihn einem seiner Waffenträger
und ließ sich rasch einen andern geben. So focht der König
unermüdet den dritten Teil des Tages. Da ereignete es sich,
daß zwölf wuchtige Sperre in seinem Schilde steckten, die ihn
gewaltig belasteten, also daß er ihn nicht mehr nach Willkür
bewegen und die anstürmendcn Feinde abwehren konnte. Mit
lauter Stimme rief er deshalb seinem Waffenträger, ohne
jedoch nur einen Finger breit zurückzuweichen. Weder wandte
er sich um, den Schild aus den Rücken schivingend, noch kehrte
er sich zur Seite; sondern wie festgewurzelt stand er mit seinem
Schilde da, mit der Rechten Tod und Verderben verbreitend,
mit der Linken die Feinde zurückstoßend. So also rief er mit
dröhnender Stimme nach seinem Waffenträger. Dieser trat
mit einem neuen Schilde herzu, reichte ihn dem Könige und
nahm ihm den schwerbelasteten aus der Hand. Nur einen
einzigen Augenblick blieb während des Schildwechsels der König
ungedeckt, da fuhr zischend ein feindlicher Speer heran und
bohrte sich tief in des Helden Brust. Ohne einen Laut des
Schmerzes sank Teja zu Boden. Der letzte König der Ost-
goten war tot. Bei diesem Anblick wichen die Seinen voll
Entsetzen ein wenig rückwärts; die Kaiserlichen aber benutzten
die Bestürzung der Gegner, bemächtigten sich des königlichen
Leichnams und schlugen ihm das Haupt ab. Sie steckten
es auf eine Lanze, hielten es hoch empor und trugen es hin
und wider durch die Reihen, damit beide Heere es erblickten,
den Goten zum Schrecken, den Ihrigen zur Ermunterung.
Narses glaubte nun nicht anders, als die Feinde würden voll
Verzweiflung den Streit aufgeben. Aber dies geschah keines-
wegs, sondern sie kämpften bis zum Einbrüche der Nacht mit
gleichem Löwenmute fort, obwohl sie wußten, daß ihr König
gefallen war. Erst als es völlig dunkel war, trennten sich
die Streiter und brachten die Nacht unter den Waffen zu.
In der Dämmerung des folgenden Morgens erhoben sie
sich wieder und begannen von neuem die Schlacht. Und wieder
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