1893 -
Gütersloh
: Bertelsmann
- Autor: Klee, Gotthold Ludwig
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
294
38. Alboin, der Langobardenkönig.
um Sieg über die Winniler. Wodan antwortete ihnen:
„Denen will ich den Sieg verleihen, die ich bei Sonnenauf-
gang zuerst erblicke." Zu derselben Zeit nun flehte Gam-
bara mit ihren beiden Söhnen Wodans Gemahlin Frija an,
daß sie dem kleinen Volke der Winniler zum Siege verhelfe.
Frija hatte Wodans Antwort vernommen. Darum gab sie
den Winnilern den Rat, ihre Frauen sollten sich das Haar
auflösen und es um Schläfen und Kinn wie einen Bart hän-
gen lassen; mit ihnen sollten sie sich selber gegen Morgen,
nach der Richtung, wo die Sonne ausgeht, aufstellen. Und
sie thaten also. Wie nun Wodan zur Ruhe gegangen war,
hatte er sein Bett so gestellt, daß er beim Erwachen das Ant-
litz den Wandalen zukehren mußte. Aber als es zu dämmern
begann und die Sonne aufgehen wollte, ergriff Frija das
Lager ihres Gemahls, drehte es mit ihren starken Götter-
armen nach der andern Seite herum, so daß sein Anilitz gegen
Morgen gerichtet war, und weckte den Gatten. Und im sel-
den Augenblick ging die Sonne auf. Da schaute Wodan zur
Erde hinab und erblickte zu seinem Staunen — nicht die
Wandalen, sondern andere fremdartige Gestalten und ries ver-
wundert: „Wer sind diese Langbürte?" Da sprach Frija zu
Wodan: „Du gabst ihnen den Namen, so gieb ihnen denn
auch den Sieg!" Denn wer einem Kinde den Namen ver-
lieh, durste ihm nach altdeutschem Brauch auch ein Geschenk
nicht weigern. Und er gab ihnen wirklich den Sieg, indem
er ihnen den Rat erteilte, wie sie streiten sollten. Seit der
Zeit wurden die Winniler Langobarden genannt.
Das Land, welches die Langobarden ihr eigen nannten,
war kein Paradies. Wohl erstrecken sich jetzt längs der Elbe
üppige Fluren, aber die waren damals noch nicht vorhanden;
statt des Ackerlandes breiteten sich dort Urwälder und Sümpfe
aus. Und weiter landeinwärts lag sandiges Heidegebiet, jene
weitgestreckte, von Sumpf- und Moorland durchzogene Ebene,
die wir heute die Lüneburger Heide nennen. Dennoch blieb
das Völkchen, von seinen Nachbarn wegen seiner Tapferkeit
gefürchtet und geehrt, mehrere Jahrhunderte in der alten
Heimat. In den Kämpfen Armins gegen Marbod standen