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1. Die deutsche Geschichte in ihren wesentlichen Grundzügen und in einem übersichtlichen Zusammenhang - S. 300

1880 - Heidelberg : Winter
300 Kap. 33. § 192. Deutsche Landeskirchen. Consistorialversassung. bildung der deutschen Landeskirchen Raum gegeben, zumal des Kaisers auswärtige Politik Sicherheit vor seinem Einschreiten gewährte. In allen Reichsteilen, wo die Reformation durchdrang, nahm man die unterdessen in Sachsen von Luther und Melanchthon angeordnete und vom Kurfürsten Johann bestätigte Kirchenreform zum Muster: das Klosterwesen und der Cölibat wurde aufgehoben, der Gottesdienst in der Landessprache gehalten, die Bibel in der Volkssprache verbreitet, den Laien der Anteil am Kelch zurückgegeben, und der christliche Unterricht der Jugend und des Volkes auf das sorgfältigste betrieben. Zur Unterstützung des Religions-Unterrichts in Kirche und Schule verfaßte Luther, weil er auf einer Kirchen- und Schulvisitationsreise (1527—1528) die große Unwissenheit des Volkes sowohl als der Geistlichen kennen lernte, seinen großen und kleinen Katechismus, welche beide 1529 gedruckt wurden und symbolisches Ansehen erhielten. Eben jener kleine Katechismus hatte nächst, der Bibelübersetzung die allergrößte Einwirkung auf die Befestigung der evangelischen Kirche, da er in faßlicher Form den Kern der evangelischen Wahrheit enthält. Den kindlichen Ton darin konnte nur ein so guter Hausvater treffen, wie Luther, der seit dem 13. Juni 1525 mit Katharina von Bora verheiratet war. Sie war früher Nonne im aufgelösten Gistercienferfloster Nimptschen. Zwar gab Luther durch diesen Schritt bei feinen Gegnern und selbst bei vielen seiner Freunde großen Anstoß: aber er that ihn in seiner kurzentschlossenen Weise, um feine Lehre von der Schriftwidrigkeit des Eölibats oder der gezwungenen Ehelosigkeit der Geistlichen durch sein eigenes Beispiel zu besiegeln. (Er führte bis an fein Ende eine glückliche Ehe und fein ganzer Hausstand war gesegnet. Seine Kinder liebte er mit großer Zärtlichkeit, wie unter vielem Andern der Brief an sein „Hänschen" und seine Betrübnis beim Tode seines „Magbalmchens" bezeugt.) Von tiefer und eingreifender Wirkung auf die Erweckung und Verbreitung des evangelischen Glaubens war um diese Zeit die Entstehung des Kirchenlieds, welches im ebelsten Volkstone teils den Psalmen, teils alten lateinischen Gesängen nachgebilbet ober auch aus dem neuerwachten Geiste ursprünglich hervorgegangen, balb in Häusern und Kirchen Eingang fanb und sich, gemeinschaftlich gesungen, zu einer Geistesmacht erhob, durch die unzählige Herzen und ganze Städte wie mit Sturm für die Reformation gewonnen wurden. Daher fand auch der geistliche Gesang an Luther selbst den wärmsten Beförderer, als welchem wir ihm die bekannten erhebenden Lieder und Melo-dieen verdanken, denen sich bald andere, darunter auch den Husiten entnommene, anschlössen. Das erste deutsche Gesangbuch, das nur 8 Lieder enthielt, erschien 1524 im Druck. Die Errichtung und Erhaltung von Schulen schärfte Luther in einer eigenen Schrift allen Stadtobrigkeiten aufs nachdrücklichste ein, und drang neben dem Volksunterricht auch auf ein gründliches wissenschaftliches Sprachstudium, dessen sich vorzüglich Melanchthon, der „Prseceptor Gerrnaniae“, annahm. Bei Einziehung der Kloster- und Kirchengüter drang Luther überall auf ihre Verwendung zu frommen Zwecken, namentlich zur Erhaltung der Pfarreien und Errichtung von Schulen, und forderte seinen Kurfürsten auf, das neue Kirchenwesen unter seine Obhut zu nehmen. Durch diese Übertragung der bischöflichen Rechte an den Landesherrn benahmen die Reformatoren selbst, ohne es zu wollen, der Kirche ihre vorige Freiheit und Selbständigkeit. Der Kurfürst von Sachsen übernahm diese Rechte nur ungern und ließ sie durch eine eigene (gemischte) Kommission ausüben, woraus sich dann allmählich die lutherische Consistorialversassung entwickelte. In Hessen geschah die Kirchenreform nach Melanch-thons Gutachten mit möglichster Schonung; denn dieser riet, alle diejenigen Einrichtungen, die nicht offenbar der heiligen Schrift entgegen seien, fortbestehen zu lassen. Eine öffentliche, vor den versammelten Ständen gehaltene Disputation, in welcher der Professor Franz Lambert, ein ehemaliger Franziskaner, einen papistischen Gegner besiegte, bewirkte die allgemeine Zustimmung zur Durchführung der Reformation im ganzen Lande. Aus den eingezogenen Klostergütern stiftete Landgraf Philipp die Universität Marburg, welches die erste war, auf der kein päpstliches Recht mehr gelehrt würde. Auch übertrug er die eigentliche Kirchenverwaltung einer jährlich sich in
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