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1. Altertum - S. 99

1908 - Münster i.W. : Schöningh
— 99 — Schuttwegräumer jenes nicht mit Vorsatz taten. Mit dieser Arbeit wurden 6 Tage und 6 Nächte zugebracht, während welcher Zeit sich das Heer immer wieder ablösen mußte, damit die Leute nicht durch Schlaflosigkeit, Anstrengung, Morden und den Anblick des gräßlichen Schauspiels erschöpft würden. Nur Scipio blieb ohne Rast und Schlaf auf dem Platze stehen oder ging daselbst hin und her und nahm nur zwischendurch Speise zu sich, bis er endlich ermattet und erschöpft sich auf einer Anhöhe niedersetzen mußte, von wo aus er alles, was vorging, übersah. Endlich am siebenten Tage, wo noch vieles zerstört wurde und der Jammer noch lange kein Ende finden zu sollen schien, nahmen einige Karthager ihre Zuflucht zu Scipio, bekränzt mit heiligen Kränzen aus dem Tempel des Äsculap, dem berühmtesten und reichsten, der auf der Burg war. Mit Ölzweigen in den Händen baten sie Scipio, ihnen sowie allen, Äie auf diese Bedingung die Burg verlassen wollten, das Leben zu verbürgen. Scipio ging darauf ein, nahm aber die Überläufer aus. Nun zogen alsbald 50 000 Menschen, Männer und Weiber untereinander, durch eine enge Mauerlücke, die man ihnen öffnete, heraus und erhielten eine Wache. Die Überläufer dagegen, etwa 900 an Zahl, begaben sich aus Verzweiflung mit Hasdrubal, dessen Gemahlin und deren zwei kleinen Knaben in den Tempel des Äsculap hinaus. Von hier aus vermochten sie sich trotz ihrer geringen Anzahl leicht zu verteidigen, weil der Tempel sehr hoch und steil gelegen war, so daß man auch in Friedenszeiten nur über 60 Stufen hinaufsteigen konnte. Als aber zuletzt Hunger, Schlaflosigkeit, Furcht und Anstrengung sie verzehrten, und als ihr Verderben immer näher rückte, da verließen sie den Vorhof und rannten in den Tempel und auf dessen Dach hinauf. In diesem Augenblicke floh Hasdrubal heimlich mit Ölzweigen in der Hand zu Scipio. Dieser befahl ihm vor feinen Füßen sich hinzusetzen und zeigte ihn in dieser Stellung den Überläufern. Als sie ihn so erblickten, stießen sie viele Schmähworte gegen Hasdrubal aus, steckten hierauf den Tempel in Flammen und verbrannten sich mit demselben. Während die Flamme angefacht wurde, soll Hasdrubals Gattin sich, so geschmückt wie es unter solchen traurigen Verhältnissen möglich war, dem Scipio gegenübergestellt, ihre Kinder zur Seite genommen und so laut, daß es Scipio hören konnte, gerufen haben: „Über dich, o Römer, keine Rache der Götter! du stehst ja gegen Feindesland im Felde. Aber diesen Hasdrubal, der zum Verräter geworden ist am Vaterlande, an dessen Heiligtümern, an mir und an feinen Kindern, mögen die Nachegötter Karthagos heimsuchen und du nächst den Rachegöttern!" Hieraus wandte sie sich gegen Hasdrubal: „O du frevelhafter, treuloser, feigster unter den Männern! Für mich und meine Kinder wird dieses Feuer die Leichenfackel fein. Du aber, Feldherr des großen Karthago, welchen Triumph wirst du zieren helfen ? Welche Strafen warten nicht deiner von dem Manne, zu dessen Füßen du sitzest?1)" Nach diesen Vorwürfen ermordete sie ihre Kinder, warf sie in das Feuer und stürzte sich selbst ihnen nach. — 2) Hasdrubal ward nach Italien geführt und starb dort als Gefangener. 7*
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