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1. Der biographische Unterricht - S. 38

1874 - Berlin : Gaertner
— 38 — und hielten einen Rach. Da dauerte es denn bisweilen sehr lange, ehe sie sich für den einen oder den andern entscheiden konnten. Jetzt war die Wahl um so schwieriger, weil man in der That nicht wusste, wen man wählen sollte. Endlich fiel man auf den Grafen Rudolf von Habsburg. Er besaß bedeutende Güter in der Schweiz. Diese Besitzungen waren zwar viel geringer, als die der übrigen deutschen Fürsten; allein Rudolf war wegen seiner Tapferkeit, Gerechtigkeit und Frömmigkeit allgemein geehrt. Einst begegnete ihm auf der Jagd ein Priester, der zu einem Kranken ging. Das Wetter und die Wege waren schlecht. Rudolf stieg von seinem Pferde und gab es dem Geistlichen. Als er die Kunde von seiner Kaiserwahl vernahm, begab er sich zur Krönung nach Aachen (im Jahre 1273). Zufällig war das Scepter, welches bei der Krönung dem Kaiser in der Kirche überreicht wird, vergessen worden. Schnell ergriff Rudolf das Krucifix vom Altare und sagte: „Dieses Kreuz, in welchem wir und die Welt erlöset sind, wird ja wohl die Stelle eines Scepters vertreten können." Nachdem der Papst die Wahl des Kaisers bestätigt hatte, trat Rudolf seine segensreiche Regierung an. §. 47. Rudolfs Regierung. Rudolf hatte sich zum Ziele gesetzt, das Anfehn Deutschlands wieder herzustellen. Daher wollte er von Italien gar nichts wissen. Er sagte, wie in der Fabel der Fuchs vor der Höhle des Löwen: „er sehe wohl Fußtapfen derer, die glücklich in Italien hineingekommen, aber nicht derer, die wohlbehalten wiedergekehrt." Da die deutschen Fürsten sehr übermüthig waren, so musste Rudolf zunächst durch eigene Kraft sich Ansehn zu verschaffen suchen. Er überzog den mächtigsten deutschen Reichsfürsten, Ottokar von Böhmen, mit Krieg. Dieser weigerte sich nämlich, Rudolf als Kaiser anzuerkennen, und beharrte, so sehr man ihn auch warnte, in seinem Trotze. Vom Elsass ging nun der Kaiser mit einem kleinen Heere den Rhein hinunter. Unterwegs fragte ihn der Herr von Klingen: „Herr, wer soll denn jetzt euren Schatz bewahren?" Rudolf antwortete: „Ich habe feinen Schatz und kein Geld als diese fünf Schillinge; aber der Herr, der immer geholfen hat, wird auch jetzt für mich sorgen/' Wirklich half auch der Herr. Denn Rudolf wurde vom König von Ungarn, vom Herzog von Baiern und andern Fürsten unterstützt, und so zog er durch Batern in Österreich hinein. Als Ottokar die Übermacht seines Gegners sah, wünschte er einen Vergleich, der ihm auch bewilligt wurde. Er musste Österreich, Steiermark, Kärnthen und andre Landestheile an den Kaiser abtreten. Allein bald schmerzte ihn der Verlust, und er versuchte den Kampf noch einmal. Rudolf focht bei Wien auf dem Marchfelde so tapfer, dass Ottokar fein Leben verlor (1278). Nun brachte der Kaiser die großen Länder des gefallenen Königs an fein Haus. Es waren indessen noch manche andre Fürsten gegen den Kaiser widerspenstig, besonders der wilde und kriegslustige Graf Eberhard von Würtemberg. Sie wurden alle zuruhe gebracht. Den meisten Ruhm erwarb sich Rudolf dadurch, dass er mit großer Gerechtigkeit die Ordnung in Deutschland herstellte. Er machte durch das ganze Land Reisen, gestattete einem jeden Zutritt und saß oft selbst zu Gericht. Er setzte fest, dass die Fürsten sich nicht mehr unter einander bekämpfen sollten, zerstörte viele Raubschlöffer und ließ die Raubritter hinrichten. Gegen alle diejenigen, welche ihn persönlich beleidigt hatten, verfuhr er sehr mild. Es gibt manche schöne Erzählung aus seinem Leben, die uns dies recht deutlich zeigt. Rudolf hatte eine hohe Gestalt, war im Genuss der Speisen sehr mäßig und theilte im Kriege alles mit seinen Soldaten. Als er merkte, dass seine Kräfte abnahmen, rief er: „Wohlan nach Speier!" (Die Begräbnisstätte der Kaiser.) Er starb zu Germersheim 1291. Sehr schöne Worte sagt ein Zeitgenosse Rudolfs über ihn: „Dieser König ist rechtgläubig, ein Verehrer der Kirche, ein
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