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1. Bilder aus der alten Geschichte - S. 85

1911 - Leipzig [u.a.] : Teubner
Germanen: Religion. 85 gemeinsamen Götterglauben hat es hier gegeben. Ehe unsre vorfahren soweit gelangen konnten, wurde ihnen das Christentum gebracht. Religiöser Leben. Die Germanen waren in ihrer weise fromm. Sie nahmen in allen Naturerscheinungen das wirken von Gottheiten wahr. Ihren Gottesdienst verrichteten sie in heiligen Hainen, besonders gern auf hohen Bergen, 3. B. dem Brocken; er bestand in Umzügen und Opfern, fluch manches armen Gefangenen Blut ist zu (Ehren der Götter vom (Vpferstein herniedergeflossen. Nichts wichtiges wurde unternommen, ohne daß man den Rat der Gottheit befragte. Lin greiser Priester ritzte heilige Zeichen, die „Runen", in die Rinde kleiner Buchenstäbchen („Buchstaben"). Dann wurden die Stäbchen auf ein weißes Tuch ausgeworfen. wahrscheinlich las dann der Fragende einige dieser Buchstaben auf, und vom Priester ober sonst einem der Hunensprache Kundigen wurden die Zeichen gedeutet. 3n der Deutung sah man den willen der Gottheit. Noch heute „entwerfen" wir, was nachher buchstabenweise wieder „zusammengelesen" werden kann; noch heute nennen wir das geheimnisvolle Sprechen ein „Raunen". Rechtswesen. Unter dem Schutze der Gottheit stand auch das Rechtswesen; seine besonderen Schützer waren Wodan und Donar. 3um Gericht versammelten sich die Freien eines Gaues deshalb gern am Mittwoch — im Englischen noch heute „Tdodanstag" —, oder am Donarstag (Donnerstag). (Ein Roß, das heilige Tier Wodans, hielt man am Saume fest, ließ es mit den Hinterhufen im Kreise herumgehen und so „einen Kreis schlagen". 3n diesem Kreise ließen sich die Richter nieder. Sie führten als Zeichen ihrer würde das heilige Zeichen Donars, den steinernen Hammer. Germanenglaube und Christentum. Die christlichen Glaubensboten kämpften siegreich gegen die heidnischen Gedanken und Sitten. Sie pflanzten dafür in die herzen unserer vorfahren den Glauben an den himmlischen Vater und den freundlichen Heiland. Doch es dauerte lange, ehe die Heiden ihre alten Götter vergaßen; ja mancher heidnische Überrest hat sich bis heute erhalten. Noch heute flammen wie vor 3000 Jahren am Sommersonnenwendfest die Feuer auf. Nur sind das Fest und die Festbräuche christlich umgedeutet worden; wir reden von Iohannisfest und Johannisfeuer. — Noch heute zünden wir zur Zeit der Wintersonnenwende den Lichterbaum an; der Weihnachtsbaum weist vermutlich auf das hülfest zurück, und aus dem fröhlichen niederdeutschen „3ultlapp" klingt sogar noch der Harne des alten Festes wieder. Bis heute sind in manchen Gegenden die fröhlichen Maifeiern Sitte geblieben. Freilich niemand denkt daran, daß sie vorzeiten der Frühlingsgöttin (Dstara gegolten. Nur der Name ,,Ostern'1 erinnert uns noch daran; aber er bezeichnet eins der höchsten christlichen Feste. Wohl ist die Sitte des Roßfleifehestens den Christen verleidet worden. Hb er noch grüßen in manchen Gegenden vom Dachgiebel der Häuser die geschnitzten Pferdeköpfe, die Sinnbilder Wodans, und noch heute gilt das Hufeisen an der Türschwelle als ein Wahrzeichen häuslichen Glückes. — Noch immer spielt selbst der Hammer seine Rolle als bedeutsames Zeichen. Noch heute wird durch drei feierliche Hammerschläge der Grundstein eines Hauses gelegt, und noch heute kommt ein gerichtlich verkauftes Gut „unter den Hammer“. — So lebt wenigstens in Sprache und Sitte ein Stück des uralten Väterglaubens noch immer fort.
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