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1. Neue und neueste Geschichte - S. 100

1880 - Dillenburg : Seel
— 100 — erfuhr von den Fluchtplänen, schwieg aber und ließ den Prinzen scharf bewachen. Friedrich, der nicht ahnte, daß sein Vater um sein Vorhaben wisse, schrieb einen Bries an seinen Vertrauten, den Lieutenant Katte. Durch ein Versehen kam der Brief an dessen Vetter, welcher ihn dem Könige zusandte. Noch immer schwieg der König, befahl aber, daß der Prinz nicht aus den Augen gelassen werden solle. In Steinsnrt übernachtete der König mit dem Gefolge in einigen Scheuern. Morgens gegen drei Uhr bemerkte der wachhabende Kammerdiener, daß der Prinz in Verkleidung sich entferne; er machte den Obersten vonrochow darauf aufmerksam, und dieser eilte mit einigen Officteren dem Prinzen nach, welcher eben ein Pferd besteigen wollte, um, wie er sagte, einen Spazierritt zu machen, und brachte ihn in die Scheune zurück. Der König verbiß feinen Grimm, weil er ihn zu Hause richten wollte. Als er den Prinzen am andern Morgen erblickte, schlug er ihm mit dem Stocke das Gesicht blutig. Friedrich rief aus? „Nie hat das Gesicht eines brandenburgischen Prinzen solche Schmach erlitten!" So ging die traurige Reise rheiuabwarts bis nach Wesel, wo noch an demselben Abende das Verhör begann. Der König fragte den Kronprinzen, warum er habe defertiren wollen. „Weil Sie mich nicht wie Ihren Sohn, sondern wie einen niederträchtigen Sclaven behandeln," war die Antwort. „Ihr seid also nichts als ein feiger Deserteur ohne Ehre!" rief der König, woraus Friedrich entgegnete: „Ich habe so viel Ehre, wie Sie; ich habe nur gethan, was Sie mir wohl hundertmal gesagt haben, daß Sie es an meiner Stelle thun würden." Im höchsten Zorne darüber zog der König den Degen und wollte den Prinzen durchbohren; aber der General von M o s e l warf sich dazwischen und rief: „Durchbohren Sie mich, aber schonen Sie Ihres Sohnes!" Aus mehrfaches Zureden gab der König nach und genehmigte, daß die weitere Untersuchung durch ein Kriegsgericht geführt werde, an dessen Spitze Oberst vonderfchau stand. Nach der Rückkehr nach Berlin wüthete er mit den ärgsten Behandlungen gegen Prinzessin Wilhelmine; der Königin rief er zu: „Euer unwürdiger Sohn ist nicht mehr, er ist todt!" Während vor feinen schrecklichen Zornausbrücheu alle bebten, wagte es die würdige Oberhofmeifterin von Kameke, ihm zuzurufen: „Sie haben Sich bis jetzt etwas darauf zu Gute gethan, ein gerechter und gottesfürchtiger Fürst zu fein, und Gott hat Sie mit Wohlthaten überhäuft; aber wehe Ihnen, wenn Sie von feinen Geboten abweichen. Ihr erster Zorn ist verzeihlich; aber er wird
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