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1. Sagen und Geschichten - S. 74

1891 - Merseburg a/S. : P. Steffenhagen
Infolge dessen hörte aller Orten der Gottesdienst auf, keine Glocke rief mehr zum Gebet, und keine heilige Handlung, mit Ausnahme der Taufe und Sterbekommunion, wurde verrichtet; die Altäre zeigten sich ihres Schmuckes entkleidet, die Toten konnten nicht in geweihter Erde bestattet werden, und auf dem Kirchhofe segnete mau die Ehen ein. Unter diesen Umständen hielt Ludwig eine Aussöhnung mit dem Hanse Östreich für das ratsamste und begab sich zu dem Behufe persönlich nach Transnitz zu seinem Gefangenen. Der letztere war durch die lauge Haft ganz trübsinnig geworden und hegte nur noch den einen Wunsch, zu seiner treuen Gemahlin Elisabeth zurückkehren zu dürfen, die sich aus Kummer um _ das Unglück ihres Gatten blind geweint hatte. Gern erklärte er sich daher bereit, gegen Erlangung der Freiheit auf den deutschen Thron zu verzichten und zugleich seine Partei zu bestimmen, Ludwig als Kaiser anzuerkennen. Sehnenden Herzens verließ er die Burg, nachdem er noch zuvor gelobt, sich unverzüglich wieder zur Haft zu stellen, sobald seine Bemühungen keinen Erfolg haben würden. Und wirklich, Leopold wollte nichts von einem solchen Vergleiche wissen, und als der Papst das getroffene Übereinkommen erfuhr, entband er Friedrich nicht nur feines gegebenen Versprechens, sondern verbot ihm geradezu, dasselbe zu erfüllen. Doch der deutsche Fürst dachte höher von der Pflicht geschworner Eide als der unredliche Priester auf dem Stuhle der sogenannten Statthalter Gottes, und da er den Bruder nicht zum Frieden zu bewegen vermochte, überlieferte er sich seinem Worte getreu von neuem der Gefangenschaft des Gegners. Tiefgerührt drückte ihn dieser an seine Brust, und aller Hader war fortan vergessen; wie die innigsten Freunde teilten beide Gemach und Tafel mit einander, ja sie schlossen sogar einen Vertrag, nach welchem sie die Regierung „des Reiches gemeinsam führen wollten. Mit Erstaunen und Ärger vernahm der Papst den überraschenden Vorgang, den er in seinem welschen Sinne unglaublich, wunderbar nannte. Aber wenn er es auch dahin brachte, daß die Fürsten jener Abmachung ihre Zustimmung versagten, so gelangtes ihm doch nicht’, die Eintracht zwischen dem Baier und dem Östreicher zu zerstören. Als Leopold einige Zeit darauf starb und Ludwig, der nun allgemeinere Anerkennung fand, einen Zug nach Italien unternahm, begab sich Friedrich auf fein Bergschloß Guttenstein, wo er an der Seite seiner erblindeten Gemahlin die wenigen ihm noch geschenkten Tage verlebte.
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