Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Von der Reformation bis zum Tode Friedrichs des Großen - S. 43

1910 - Berlin : Salle
Karls V. Ende. 43 In bezug auf Bestimmung 4 verlangten die protestantischen Stände die ausdrückliche Hinzufügung, daß sie ihr nicht beigepflichtet hätten. Karls V. Ende. Kaiser Karl konnte den Schlag, den ihm Moritz von Sachsen versetzt hatte, nicht verwinden. Enttäuscht und der Regierungssorgen herzlich müde, beschloß er, seine Kronen niederzulegen. Ein Jahr nach dem Augsburger Religionsfrieden führte er diesen Entschluß aus. Dann zog er über die Pyrenäen nach Spanien, wo er an dem Kloster St. Just anklopfte und sich in dasselbe als Mönch aufnehmen ließ. In der stillen Einsamkeit des Klostergartens, wo er seine Wohnung hatte, wollte er, nachdem er solange die schwere Last der Herrschaft getragen, bloß für Kunst und Wissenschaft, in frommen Betrachtungen und Gebeten leben. Er arbeitete auch fleißig als Gärtner und verfertigte mit großer Kunst hölzerne Uhren. Hierbei verfiel er auf den Gedanken, ein Mittel zu finden, diese Uhren in gleichmäßigen Gang zu bringen. Das aber wollte ihm nicht glücken, und eines Tages rief er verdrossen aus: „Ich Tor, diese kleinen Holzuhren schon wollen nicht übereinstimmen, und doch meinte ich, die Macht zu be- sitzen, so viele Menschen aus den verschiedenstell Völkern, so verschieden an Religion, Sitten und Charakter, zur Übereinstimmung zu bringen! Wie konnte ich Wurm nur solches glauben!" In der Einsamkeit von St. Just nahm Karls Trübsinn von Tag zu Tag zu; von allen irdischen Dingen abgewendet, bereitete sich sein Geist auf das Leben im Jenseits vor. In solcher Stimmung kam er einst auf den Ge- danken, sich bei lebendigem Leibe sein eigenes Leichenbegängnis halten zu lassen. Jedermann widerriet ihm diese Totenfeier — doch umsonst. Der Kaiser setzte einen Tag fest, erschien dann in der Kirche in einem langen, weißen Sterbekleide, umgeben von seinen Dienern, ließ sich in einen Sarg legen und hörte tief erschüttert die feierlichen Gesänge, welche für seine Seele angestimmt wurden. Am folgenden Tag ergriff ihn ein Fieber, und nach wenigen Wochen verschied er, am 21. Sep- tember 1558. Er hatte Luther gerade um zwölf Jahre überlebt. Die Dichter August Graf v. Platen, Hallermünde und Anastasius Grün (Gras v. Auersperg) haben den Ausgang dieses Kaisers poetisch veranschaulicht in den Romanzen: „Der Pilgrim von St. Just" — und „Die Leiche zu St. Just".
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer