1910 -
Berlin
: Salle
- Autor: Mensch, Ella
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule, Studienanstalt
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule, Studienanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
106 • Das Zeitalter Ludwigs Xiv.
Oranien, gleichfalls die Zahl der gegelt ihn verbündeten Mächte ver-
mehren würde, befahl er auf Anraten Louvois, den Rückzug seiner
Armee am Rhein dadurch zu decken, daß er das Grenzgebiet in eine
Wüste verwandelte, über welche die Feinde nicht so leicht nachfolgen
könnten. Es erging der Befehl: „Verbrennet die Pfalz" („brülez le
Palatinat") 1689. Den schlimmsten Zerstörer hatte man zum Führer
der Truppen gemacht, den Brigadegeneral Melac. Er umgab sich
mit einer Meute bissiger Doggen, und wenn ihn die Leute mit diesen
Bestien ankommen sahen, flohen sie entsetzt. Aber grimmig lachend
hetzte er die Doggen hinterdrein. Ergriffen sie jemand und zerfleischten
ihn, dann war Melacs Freude groß. Dieser halb wahnsinnige Mann
begann in der Pfalz und den angrenzenden Landstrichen sein Zer-
störungswerk. Den Anfang machte er mit Heidelberg. Pioniere
legten Pulverminen unter die stolzen Türme des Schlosses, das in
wenigen Stunden ein wüster Trümmerhaufen wurde. Sodann ward
die ganze Stadt angesteckt. Die entsetzten Bürger flohen. Selbst
französische Offiziere schämten sich dieser Tat ihres Führers, und der
Kurfürst Philipp Wilhelm schrieb an Kaiser Leopold: Diese Tat rühre
von dem „leidigen Satan" her.
Ludwig Xiv. aber ließ eine Denkmünze schlagen, die auf der
einen Seite die brennende Stadt, den zürnenden Flußgott, die weinende
Stadtgöttin mit der von Boileau verfaßten triumphierenden Auf-
schrist „Heidelberga deleta" („das zerstörte Heidelberg") zeigte, auf der
anderen das Bild des Königs mit der Umschrift ,.Ludovicus Magnus,
rex christianissimus" (Ludwig der Große, der allerchristlichste König.)
Nach Heidelberg kamen die Städte und Dörfer an der Berg-
straße an die Reihe. Die Bewohner, welche den Versuch machten,
etwas von ihrem Eigentum zu retten, wurden erschlagen. Die Mann-
heim er Bürger mußten selbst die Festungswerke abtragen, dann ward
die Stadt zerstört. Hungernd und nackt trieb Melac die Leute in die
Winterkälte hinaus.
Speyer und Worms, die ruhmreichen Städte, sanken in Asche.
Die rohen Horden erbrachen die Kaisergräber und streuten die Asche
vieler Kaiser in den Wind. Vergebens erhob flehende Einsprache gegen
den ungeheueren Frevel die Pfälzerin Liselotte, die Schwägerin
Ludwigs Xiv., welche im Alter von neunzehn Jahren mit dem Herzog
voit Orleans vermählt worden war. Der Pfalzgraf Ludwig hatte
geglaubt, gerade durch eine solche Heiral im Falle eines Krieges jede
Gefahr von seinem Lande abwenden zu können. Das Gegenteil war
geschehen.
Liselotte, die gehofft hatte, ihr Leben lang in dem geliebten