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1. Unser Vaterland - S. 327

1900 - Berlin : Bruer
— 327 — von schwerwiegendster Bedeutung. Tie Macht der deutschen Krone ging damit auf das Kurfürstenkollegium über, und dieses machte den ausgiebigsten Gebrauch davon. Außer den Kurfürsten gab es eine unzählige Menge kleiner Herren im Reiche, Ritter und Adlige, dazu die Städte, die den Fürsten meist feindlich gegenüberstanden und des eigenen Vorteils wegen zu Kaiser und Reich hielten. Herzöge, Ueberbleibsel der alten Stammesherzöge, auch Mark-, Land- und Pfalzgrafen und reichsfreie Ritter neben vielen geistlichen Herren, Erzbischöfe, Bischöfe, Ordensherren und zahlreiche weltliche Stände, die auf den Reichstagen mitreden durften, bekämpften die gegenseitige Macht. Besonders waren es die Land stände, d. t. der niedere Adel, Geistlichkeit und nicht reichsfreie Städte, die den Reichsständen der Fürsten gegenüber ihre Selbständigkeit zu erlangen strebten. Freiheitsdrang des deutschen Charakters könnte man all dieses Ringen nennen, wenn nicht so viel Selbstsucht und düstere Raublust die eigentliche Ursache gewesen wäre. „Vom Stegreifleben" galt als ritterliches Recht, fahrende Kaufleute und Reisende waren vielfach ^zagdwild des Adels geworden. Noch kam es selten vor, daß Adlige ein Amt in der Reichsverwaltung inne hatten, annehmbarer erschien ihnen Kriegshandwerk und Ritterdienst. Wie sich einst die Fürsten von der Kaisergewalt gelöst hatten, so wollten nun die Unterthanen der Fürsten, an ihrer Spitze die Landstände, sich unabhängig machen. Dazu bot sich gute Gelegenheit, als die Fürsten Geld und immer wieder Geld begehrten, „baten". Es wurde daraus die „Bede", Steuern, die aufzuerlegen den Fürsten allein kein Recht zustand. Darum ließen sich die bewilligenden Stände dafür landesherrliche Rechte abtreten: Zölle, Gerichtsbarkeit u. s. f. Aber die Steuern, die Bede, wälzten sie auf die unteren Stände, besonders auf die Bauern, die im Laufe der Jahrhunderte immer armseliger geworden waren. Doch machten sich in den verschiedenen Landesteilen Deutschlands große Unterschiede geltend. Rechtsschutz, Gleichheit vordem Gesetz, und was nicht alles die Manneswürde jedes Deutschen begehren durfte, war im Großen und Ganzen für sie nicht mehr vorhanden. Sie führten aber immerhin in vielen Gegenden Deutschlands unter reichen Landesherren ein behäbiges Leben. Aber eins war klar, jeder Einzelne wußte, daß nur er selbst seine beste stütze sein konnte. Daraus erwuchs vorsichtige Klugheit, Willenskraft und Ausdauer, aber auch Willkür. In diesem Ringen des Einzelnen, wie der sich ver-
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