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1. Unser Vaterland - S. 389

1900 - Berlin : Bruer
— 389 — nicht 36 Jahre alt, ein anderer Edler seiner Zeit, Ulrich von Hutten, einsam auf der Insel Ufnau im Züricher See, wohin er sich geflüchtet hatte. In diesen beiden Rittern waren zwei tapfre Degen der Reformationszeit dahin gegangen, die ihre ritterlich-romantischen Ideen nicht von geistlichen Dingen zu trennen, aber sie ihnen auch nicht richtig zu verbinden wußten. Mit Sickingens Fehden war scheinbar nichts erreicht; aber doch wurde das Neichsregiment allmählich beschränkt, und ein Konzil sollte vieles entscheiden. Es kam nicht zu stände, und die süddeutschen Fürsten, welche Nom geneigt waren, beschlossen in dem „Regensburger Konvent" (1524), die verderblichen Irrlehren Luthers zu unterdrücken. Im Volke, besonders unter den Bauern, wurde dadurch die Erregung nur um so schlimmer. Bei ihnen vermengten sich persönliche und nationale Rechtsinteressen mit allerlei reformatorischen Anschauungen Zu unklaren Begriffen. Das Volk war seit Alters her an kurze bündige Rechtsprechung gewöhnt, bei welcher das Volk selbst einst nicht unbeteiligt war. Das immer mehr sich ausbreitende „Römische Recht", das von vornherein den Fürsten und Herren mancherlei Rechte zusprach, ivurde durch gelehrte Juristen gehandhabt, die auf den Universitäten studiert hatten und oft fremd hergekommene Leute waren, welche manchmal zeigen mochten, daß das Recht eine wächserne Nase hat. Vielfach verspottet, wie in Sebastian Braut's Narrenschiff, wurden die Advokaten auch wohl mit Stöcken und Dreschflegeln bezahlt. Denn die neuen Rechtsgelehnen gaben den Grundherren, so meinte das Volk, stets Recht vor den vielfach gedrückten Bauern. Zu diesen über die neuen Rechtsverhältnisse unzufriedenen Bauern kamen die Schwärmer der neuen Lehre, Karlstadt, später Thomas Münzer und viele andere. Sie predigten von einer Abschaffung der Obrigkeit, von christlicher Gütergemeinschaft, in welcher Stehlen und Morden zum Recht gemacht wurde. Die Lehre Luthers, den sie „das sanftlebende Fleisch von Wittenberg" nannten, nahmen sie zum Deckmantel ihrer Raufhändel und Raubzüge, bei denen sogar alles zerstört wurde, was an Schönheit und Kunst erinnerte, Kruzifixe in erster Reihe. Die Revolutionsführer, welche der Reformation dienen wollten und sie doch zu einem Zerrbild herab würdigten, suchten vergeblich in Luthers Person einen Halt zu gewinnen. Er hatte wohl, selbst ein Mann aus dem Volke, Herz und Verständnis für dessen Leid und
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