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1. Bd. 2 - S. 196

1911 - Leipzig : Wiegandt
— 196 — fand man nirgends... Die Kalmücken, die man unter allen Kosakentrupps findet, sind auf den ersten Anblick zu erkennen. Sie zeichnen sich durch eine dunklere Hautfarbe, wenig hohe Stirn, etwas breite Backenknochen, vorgeschobene Kinnladen, kleine platte Nase und den schief nach derselben hinlaufenden Schnitt der Augen aus. Ein natürliches Gefühl sagt es jedem sogleich, daß diese Physiognomien Europa nicht angehören. Man glaube indeß nicht, daß sie so häßlich sind, als man sie öfters beschrieben hat. Sie haben gar nichts widriges in ihren Zügen ... Da man allgemein der Meinung war, daß die Russen große Branntweinliebhaber seyen, so eilte Jung und Alt herbey, die Kosaken damit zu regaliren. Sie ließen sich auch wirklich nicht eben sonderlich dazu nötigen. — Die Offiziere, welche es bemerkten, baten aufs dringendste, die Leute damit zu verschonen, da sie besonders jetzt stets munter erhalten werden müßten, und durch den Genuß dieses Getränks stumpf und träge würden. — Man sahe bereits an allen Thoren Kosakenposten, und auf allen Landstraßen Pikets und Feldwachen von ihnen. Zwey Stunden von der Stadt, bey Liebertwolkwitz, lag, wie man uns sagte, der Hauptbivuak von einigen tausend Pferden. Schon jetzt hatten wir Gelegenheit, ihre rastlose Thätigkeit zu bemerken. Fast keine Minute verging, wo nicht einzelne Trupps nach allen Gegenden abgingen und ankamen. So unermüdet und wachsam diejenigen waren, welche den Dienst hatten, so sorglos und bequem waren diejenigen, welche in den Bivuaks lagen, diese bekümmerten sich durchaus um nichts, und verließen sich völlig auf ihre Kameraden. Schon nach einigen Stunden waren alle Fußsteige und Gehölze abpatrouillirt und durchsucht, und die ersten waren ohne Aufenthalt eine große Strecke vorwärts. Hier sahen wir zuerst die Ursachen, warum sie so häufig, wie aus der Erde gewachsen, da erscheinen, wo man sie gar nicht vermuthet, und dann Furcht und Schrecken verbreiten. Ihr unglaublicher Ortssinn, und ihre beispiellose Furchtlosigkeit helfen ihnen durch die schwierigsten Gegenden. Ist ihnen die Gefahr zu nahe, so sind ihre Pferde viel zu schnell, als daß sie leicht eingeholt werden könnten. Das kleine unansehnliche Thier fliegt in wenig Minuten so schnell als der Pfeil in der Luft durch den Raum einer Stunde. Bis jetzt mochte die Zahl der fremden Gäste, die uns zu Gesichte gekommen waren, einige hundert betragen. Es waren sämmtlich irregulaire Kosaken mit Kalmücken untermischt. Mehrere Offiziere . . . sprengten nach Thonberge hin. Man fragte sie, ob mehr Truppen kommen würden? — Sie lachten, und erwiederten höflich: — „leider können wir Ihnen dies Mal nicht helfen, so eben werden wir Ihnen eine große Menge bringen." Sie hielten in kurzem Wort. Eine lange dicke Staubwolke erhob sich in der Ferne, der Boden zitierte, als sie näher kamen. Jetzt stürmten die Grodnoschen Husaren, mit Uhlanen und Dragonern auf der Landstraße im vollsten Karriere, mit geschwungenen Säbeln und mit einem tausendfachen Hurrah! nach der Stadt her. Roß und Mann flogen so schnell vorbey, daß man von beyden kaum etwas erkennen konnte. Nur so viel konnte man sehen, daß Reiter und Pferde zu den ausgesuchtesten gehörten. Nimmermehr hätte einer von den Zuschauern geglaubt, daß dieses dieselbe Kavallerie sey, welche fast in einem Zuge den ungeheuren Marsch von der Moldau und Wallachei, und von der Wolga her gemacht hatte. Wie stachen die traurigen Reste der französischen Reiterey, die wir hier gesehen hatten, gegen diese ab! Sie jagten in die Stadt, und bezogen sogleich am Großboseschen Garten einen Bivuak. Stall und Quartier erhielt keiner, Fourage und Lebensmittel wurden Angeschafft. Ein übler Umstand war es, daß bey ihnen ihre großen Fasten eingetreten waren, die bis zum Osterfeste dauern, und die sie größtenteils sehr streng beobachteten. Fleischgerichte und Butter sind ihnen zu dieser
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