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1. Bd. 2 - S. 425

1911 - Leipzig : Wiegandt
— 425 — Deutschlands das Haupt eines bestimmten Staates stellen, und zwar des mächtigsten . .. Es kann Niemand die Kaiserwürde erhalten, als der Beherrscher des mächtigsten Staates, und das ist Preußen ... Ich spreche nicht für Preußen, weil es Preußen ist, ich glaube, Sie werden mir, dem Sachsen, zutrauen, daß ich von Hause aus nicht so viele Sympathien für Preußen hege, um gerade für Preußen unsere zukünftige Verfassung zuzuschneiden; ich spreche für Preußen, weil ich nach allen Erfahrungen, Beobachtungen und Ueberlegungen, die ich in dieser Sache gepflogen habe, keine andere Möglichkeit sehe, Deutschland in kürzester Zeit stark, einig und mächtig zu machen. Wir müssen, meine Herren, den mächtigsten Staat an die Spitze stellen, einmal, damit wir nach Außen einen festen Hort haben bis dahin, wo wir vielleicht noch nicht so geeinigt sind, daß die Vereinigung der einzelnen Kräfte eine einzige große Kraft ersetzen. Lassen Sie in diesem Augenblicke einen Krieg ausbrechen; es ist ungewiß, ob die vielen kleineren Staaten mit ihrer durch ihre Kleinheit bisher gehemmten inneren militärischen und sonstigen Entwickelung im Staude sein werden, dem Reiche die Kräfte zu Gebote zu stellen, daß es mit vereinter Macht dem Feinde widerstehen kann . . . Preußen ist ein starker Militärstaat, der nötigenfalls auch allein, wenn die andern Staaten lässig wären, oder sich gar weigerten, dem Auslande die Spitze bieten kann; kein anderer kann es. Und dann, meine Herren, — es ist dieß schon vielfach und mit Recht gesagt worden, — glauben Sie nicht, daß es den einzelnen Stämmen und Dynastieen große Überwindung kosten wird, sich einer Einheit unterzuordnen, die ihre Selbstständigkeit bis auf einen gewissen Grad vernichtet? Meine Herren, dieser Widerstand wird um so größer sein, je mächtiger der einzelne Staat, je stärker bisher sein innerer Verband war. Keiner aber ist in feinem Innern so sehr mit starker Hand zu einer festen Einheit zusammengefaßt worden, als Preußen. Jeder andere Staat Deutschlands wird eher sich der Einheit unterordnen und seine innere Einheit dem Bunde zum Opfer bringen können und wollen, als gerade Preußen. Wenn Sie daher Preußen an die Spitze stellen, so haben Sie wenigstens den Widerstand des mächtigsten Staates nicht zu fürchten, der der übrigen aber wird leichter zu überwinden sein . . . Würden Sie einen andern Staat an die Spitze stellen, fo würden Sie Preußen schwerlich so bald, vielleicht gar nicht in die Einheit eintreten sehen . . . Ich gehe jetzt, meine Herren, auf die Schwierigkeiten über, die man uns entgegenstellt, wenn wir Preußens König zum deutschen Kaiser erheben wollten. Die erste Schwierigkeit bildet Oesterreich. Man sagt uns, wir verschlössen Oesterreich die Thür, wir müßten unsere Verfassung elastisch machen, damit Oesterreich noch hereinkommen könne; Oesterreich werde nie eintreten, wenn Preußen erblich an der Spitze stehe . . . Ich habe das Verhältniß Oesterreichs zu unserem Bundesstaate nie anders aufgefaßt als so: entweder Oesterreich wird zerfallen . . . wenn aber Oesterreich zerfällt, meine Herren, dann kommt zu uns nicht das starke, mächtige Oesterreich, nicht jenes Oesterreich, welches berufen ist, dem Erdball zu gebieten, sondern es kommen zu uns einzelne zerstreute Glieder dieses Körpers; es kommen zu uns Provinzen, die ihrer Bevölkerung und Ausdehnung nach nicht so mächtig sind, als der Staat, den wir an die Spitze stellen wollen, und noch weit weniger zur Oberherrschaft berufen durch ihr inneres Gefüge, durch das Nebeneinanderbestehen deutscher und nichtdeutscher Bevölkerungen. Wenn also Oesterreich zerfällt und einzelne oder alle deutsche Provinzen zu uns kommen, so werden sie sich der Form, die wir jetzt schaffen, unterordnen können und müssen. Zerfällt aber Oesterreich nicht, wird oder bleibt es jene beherrschende Gesammt-Monarchie, so wird es auch nicht zu uns hereinkommen; wir selbst werden nicht
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