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1. Von Heinrich IV. bis Rudolf von Habsburg - S. 24

1893 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
zeit durch Lösung des Unterthaueneides seiner Macht und Würde berauben. So glaubt also der Papst : Gott hat mir durch den H. Petrus die Herrschaft über die Kirche und über die irdischen Reiche übertragen; das steht klar und deutlich in Gottes Wort, aus diesen Grund baue ich. Zu welchem Zweck aber soll wohl Gott dem Pap st diese unermeßliche Herrschaft übertragen haben? Wie wird Gregor hierüber denken? Das Reich Gottes ist da, wo Gottes guter und heiliger Wille von den Menschen gethan wird; aber bei den einzelnen Christen sowohl als auch bei den christlichen Fürsten und Völkern herrschen noch viele Laster und Sünden, Habsucht und Roheit, Raub und Mord, Streit und Krieg. Darum muß einer da sein, der die niedrigen und die hohen, die schwachen und die mächtigen Sünder warnt und richtet und straft und züchtigt und zu Gott zurückführt. Und das kann nur der Papst sein, denn der kennt den Willen Gottes am besten. Dazu hat er auch schon von Gott die Vollmacht zu binden und zu lösen, er braucht aber dazu auch noch irdische Gewalt, um die mächtigen Frevler beugen und züchtigen zu können. Deshalb ist der Papst zugleich Fürst des Kirchenstaates und muß auch noch Herr über alle Bistümer werden. Nur so kann er als Stellvertreter Gottes auf Erden die Kirche regieren und sie zum Sieg über die Mächte der Hölle führen, nur fo kann er oberster Richter und Gesetzgeber der Fürsten und Völker sein. — Zusammenfassung. Was sollen wir nun über Gregors Plan und Anspruch urteilen? Das ist eine so schwere und hohe Frage, daß wir sie nicht mit unserer Weisheit, sondern nur mit Hilfe des Wortes Gottes lösen können. Wenn der Papst die Kirche Christi frei haben wollte von jeder irdischen Gewalt, so können wir ihm ja recht geben; denn Christus hat gewiß nicht haben wollen, daß seine Gemeinde gehindert wird, das Wort Gottes zu hören, zu predigen und zu thun. Doch das wollte ja auch der Kaiser nicht. Wenn aber der Papst sich zum Herrn der Kirche und seine Kirche zur Herrin von Kaiser und Reich erheben wollte, so müssen wir uns doch die Bibelstelle (Matth. 18, 15 bis 19) einmal genau ansehen, auf die der Papst seinen Anspruch gründet. Als Ergebnis dieser Betrachtung mag sich folgendes herausstellen: Der Herr preist den Simon, weil er zuerst von den Jüngern erkannt und geglaubt hat, daß Jesus Christus der Sohn des lebendigen Gottes ist; auf den Felsen dieses Glaubens, nicht auf den Menschen Petrus will der Herr seine Kirche bauen; wenn er dann dem Petrus die Macht zu binden und zu lösen verleiht, so meint er damit nur die Macht, in seinem Namen Sünden zu vergeben oder zu behalten, nicht aber die Macht, alle Rechte und Pflichten für giltig oder ungiltig zu erklären, oder gar die Macht darüber zu entscheiden, was gut und bös lein soll; denn darüber haben Gott und Christus längst entschieden und uns ihren Willen deutlich genug kund gethan. Außerdem erhalten gleich darauf (Matth. 18, 18) sämtliche Apostel das Recht zu binden und zu lösen. Daraus folgt, daß weder Petrus noch fein Nachfolger der alleinige Herr der Kirche fein soll, und daß der Papst nicht das Recht hat, die
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