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1. Von Heinrich IV. bis Rudolf von Habsburg - S. 45

1893 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 45 — gung stand noch bevor auf dem Reichstag zu Augsburg. Da werden Papst und Fürsten über ihn und seine Krone zu Gericht sitzen wie über einen armen Sünder, und wenn sie ihm auch die Krone lassen, so werden sie sein Recht und seine Macht für allezeit so beschränken, daß er nicht mehr ein selbständiger König von Gottes Gnaden sondern ein armseliger König von des Papstes und der Fürsten Gnaden ist, der von seinen Herren jederzeit wie ein Schulknabe getadelt und gestraft werden kann. So hatte sich Heinrichs übermütiges und höhnisches Wort „Steige herab!" gegen ihn selbst gerichtet, und mit bitterem Spott klang es ihm aus dem Vertrag zu Tribur entgegen. Diese Vergeltung war hart, ja wohl zu hart; denn Heinrich hatte doch auch wirkliche und wichtige Rechte des Kaisertums, ja die Macht und Ehre des Reiches mannhaft gegen Papst und Fürsten und Sachsen verteidigt. Aber warum gab er denn nun auf einmal alle diese Rechte und Ehren auf? Zeigte er sich hier nicht schwach und feig? Nein, er that es nur gezwungen, in der tiefsten Not. Er nahm ein großes Übel auf sich, um das größte Übel — den völligen Verlust der Krone — zu vermeiden, und hat sich sicherlich vorgenommen, sobald er sich wieder regen könne, die unerträglichen Fesseln zu sprengen. Und dieser Vorsatz war kein Unrecht, sondern seine kaiserliche Pflicht, und kein vernünftiger Mensch konnte etwas anderes von ihm erwarten. — Zusammenfassung. 2. Die Fürsten. Sie konnten zwar ihren Treubruch und Eidbruch mit dem Bann des Papstes entschuldigen, aber im innersten Herzen werden sie schwerlich — wie das damalige niedrige Volk und die Anhänger des Papstes — geglaubt haben, daß der Papst wirklich einen Eid lösen könne. Hätten sie bei Heinrich ihren Vorteil gefunden, so hätten sie sich gar nicht um den Bann gekümmert, so wenig wie um die angeblichen Verbrechen des Kaisers; denn sie waren ebensowenig Engel wie Heinrich. Aber die Eideslösung war ihnen ein willkommener Vorwand, um durch Abfall von dem nach immer größerer Königsmacht strebenden Heinrich ihre bedrohten Rechte und Freiheiten (selbständiges Regieren in ihrem Gebiet, Mitregieren im Reich) sicher zu stellen und so sehr als möglich zu vergrößern und die Macht des Königs so sehr als möglich zu verkleinern. Wir können dies Bestreben der Fürsten nicht loben, denn weitn der König keine Macht über die Glieder des Reiches hat, so kann er auch nicht für das Wohl des Ganzen sorgen, und dazu ist er doch da. Aber wir wollen die Fürsten deswegen doch auch nicht Verräter schelten; denn wenn sie mit ihrem Gut und Blut dem Reich dienen sollen, so muß auch ihr Rat und Wille vom König gehört werden. Der Fehler war eben aus beiden Seiten; erst überspannte der König Heinrich seine Rechte und Forderungen, als er im Glück war, und dann machten es die Fürsten ebenso, als er im Unglück war. Aber wenn wir dies auch den Fürsten nicht als Verbrechen anrechnen wollen, daß sie so sehr auf ihren Vorteil bedacht waren, (dasselbe gilt auch von den Bischöfen), so müssen wir es doch ganz abscheulich und nichtswürdig nennen, daß persönlicher Vorteil ihnen wertvoller war als die Ehre, Hoheit und Macht von Kaiser und Reich. Denn wenn sie
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