Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Von Heinrich IV. bis Rudolf von Habsburg - S. 52

1893 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
und Räte, die vor ihm in Canossa waren? Barfuß und im härenen Büßerhemd vor den Papst hintreten und geduldig die Buße auf sich nehmen, die ec gebot, das wäre freilich der stärkste Beweis der Bußfertigkeit und Unterwerfung, und das mußte auch auf den Papst wirken; denn er hatte ja selbst zu den Gebannten gesagt, daß dem wahrhaft Reuigen die Verzeihung nicht versagt werden könne. Aber das wird doch Heinrich nicht thun, er, der stolze Kaiser, der sich noch vor kurzem als den Oberherrn des Papstes hingestellt hatte. Das mochten Geistliche und gewöhnliche Christen ohne Schimpf und Schaden gegenüber dem obersten Herrn der Kirche thun, aber nimmermehr ein Kaiser; wenn der sich so demütigte und erniedrigte, so erniedrigte er nicht bloß sich persönlich als einen einfachen Christen vor der zürnenden Kirche, sondern er erniedrigte zugleich die Krone und das Kaisertum. Also auch dieser Weg erscheint uns für Heinrich unmöglich. Nun, hören wir, was Heinrich that. Zur Erläuterung der letzten Stücke der Erzählung. Es ist ein ergreifendes Bild, das wir eben geschaut haben, unvergessen bis auf den heutigen Tag in Rom und in Deutschland, unvergeßlich gewiß auch für euch. Wie kommt das? Es ist so unglaublich und unerhört: Ein deutscher Kaiser freiwillig in solcher Erniedrigung vor dem römischen Bischof! Malen wir uns das Bild des büßenden Königs noch genauer aus! Sein Aufzug (siehe den Text!); seine Leiden (Frost und Hunger); seine Stimmung. Die ist trüb und traurig genug und bereitet ihm gewiß mehr Qualen als die Kälte. Ihn quälte freilich nicht Reue und Zerknirschung über feine Sünde gegen Gott und die heilige Kirche (denn er glaubt gewiß, recht — wenn auch unklug — gehandelt zu baben), nein mit starrem Trotz hatte er sich jählings zu der Buße entschlossen, in dem Gedanken: Ich will und muß den Papst zur Lösung zwingen, solcher Buße kann und darf der heilige Vater der Christenheit die Verzeihung nicht versagen. Auch war er wohl in der Einbildung besangen, daß er sich nur als gewöhnlicher Christ nach der hergebrachten kirchlichen Sitte vor dem Oberhaupt der Kirche demütige. Aber als er nun in so jammervollem Auszug vor der Burg stand, dem Mittleid und dem Gespött der Burgleute preisgegeben, als das Thor verschlossen und der Papst unbewegt blieb durch feine Buße, da kam ihm doch zum Bewußtsein, daß er zu weit gegangen war mit feiner Erniedrigung und ^ daß jebermann in ihm boch nicht bloß den bußfertigen Christen fonbern * noch vielmehr den gebernütigten Kaiser sehe. Und dieser Gedanke erweckte in ihm brennenbe Scham über seine Schmach und zugleich Grimm über den hartherzigen Mönch und über sich selber. Und Scham und Grimm wuchsen immer mehr, je länger die Demütigung, die körperliche Qual und die Hartherzigkeit Gregors bauerte und je verkehrter es erscheinen mußte, die angefangene Buße ohne Erfolg wieber aufzugeben. — Zusammenfassung: Trotz, Scham, Grimm. Warum blieb Gregor so lange unerschüttert durch die Buße Heinrichs und die Bitten feiner Freunbe? (Gewalt über den König durch den
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer