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1. Von Heinrich IV. bis Rudolf von Habsburg - S. 53

1893 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
- 53 - Bann, Bündnis mit den deutschen Fürsten; siehe oben!). Warum gab Gregor endlich nach? Gewiß nicht aus Mitleid, sondern aus Klugheit, weil er nämlich einsah, daß er nicht anders konnte, ohne sich und die Kirche schwer zu schädigen. Denn wenn er einem so offenbar bußfertigen Sünder die Lösung verweigerte, dann zeigte er vor aller Welt, daß ihm die wichtigste Eigenschaft eines christlichen Oberpriesters, die christliche Barmherzigkeit, fehle, dann zwang er selber dem König das letzte und äußerste Mittel zur Rettung der Krone in die Hand, das Schwert der Lombarden, und das konnte der Kirche und der Papst-herrschaft schwere Wunden schlagen. Dem gegenüber erschien dem klugen Papst die Lossprechung des Königs immer noch als das kleinere Übel, und danach handelte er. Warum legte er aber dem König die eigentümliche Bedingung auf, die doch eigentlich gar nichts mit der Schuld zu thun hatte, wegen der er ihn gebannt? Er wollte trotz der Lösung den ihm so nützlichen Bund mit den deutschen Fürsten nicht ausgeben und sich die Handhabe nicht entwinden lassen, um bei günstiger Gelegenheit in Deutschland als Schiedsrichter aufzutreten. Wie erklärt sich die allgemeine Rührung beim ersten Zusammentreffen von Gregor und Heinrich? Der Kaiser zu Füßen des römischen Bischofs, das war der Höhepunkt der Tage von Canossa, da war auf ein Bild zusammengedrängt die Erniedrigung des Kaisers und die Erhöhung des Papstes — und das mußte alle Beteiligten tief ergreifen. Mich wundert, daß der König mit fo schwerem Herzen von Canossa hinwegritt; er hatte doch erreicht, was er erreichen wollte, da konnte er doch guten Mutes sein? Er hatte sich die Erlangung der Lossprechung nicht so schwer vorgestellt, hatte eingesehen daß er um seines Zieles willen große Schmach über sich und die Krone gebracht hatte, und das raubte ihm die Freude über seinen Erfolg. — Überschrift: Die Buße Heinrichs in Canossa. b. Welche Bedeutung haben die Tage von Canossa für Heinrich und für Gregor? Für Heinrich. Er hat das Ziel feiner Reife, die Lösung vom Bann erreicht; dadurch ist er — nach dem Triburer Vertrag — wieder in den vollen Besitz der Regierungsgewalt gekommen (denn nur wegen des Bannes war sie ihm abgesprochen worden); dadurch hat er den gefahrdrohenden Tag von Augsburg vereitelt, hat den Bund des Papstes mit den deutschen Fürsten gelockert und die Fürsten zugleich unschädlich gemacht (denn nur aus dem Bann beruhte ihr Recht zu Abfall und Empörung). Das war gewitz ein großer Erfolg. Und dies alles hat er erreicht ohne Waffen, indem er den hartnäckigen Papst durch feine hartnäckigere Buße zum Nachgeben zwang und so den Mächtigen überwand und besiegte. — Aber der Sieg und Erfolg war zu teuer bezahlt, der Preis dafür war viel zu hoch. Wohl meinte Heinrich, sich nur persönlich als Christ zu demütigen, aber in Wirklichkeit hat er Kaiser und Kaisertum erniedrigt, hat die Ehre und Würde der Krone und
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