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1. Die vorchristliche Zeit - S. 89

1877 - Leipzig : Brandstetter
89 Lykurgos sei sein Nachfolger. Lykurg übernahm das Regiment. Da erfuhr er, daß seine Schwägerin, die Wittwe des verstorbenen Königs Polydektes, ein Kind unter ihrem Herzen trage. Sogleich erklärte Lykurg den Thron für das Eigenthum dieses Kindes und verwaltete die Regierung fortan nur noch als dessen Vormund. Inzwischen that ihm die Königin heimlich zu wissen, sie sei bereit, das Kind zu todten, wenn er ihr verspräche, sie als König zu heirathen. In der Absicht, das Kind selber zu retten, verbarg Lykurg den tiefen Abscheu, den er gegen ein solches Anerbieten empfand, und ließ die Königin bitten, sie möchte nur ihm die Tödtung des Kindes überlassen. Als nun der Knabe geboren war, schickte die Mutter ihr Kind sogleich dem Lykurg. Dieser saß gerade mit den höchsten Beamten bei Tische; er nahm das Kind auf seine Arme und rief den Anwesenden zu: „Spartiaten, ein König ist uns geboren!" Darnach legte er es aus den königlichen Stuhl und gab ihm den Namen Charilaos, d. i. Volksfreude, denn Alles war erfreut über einen solchen Beweis von Edelmuth und Gerechtigkeit. Auch sein übriges Betragen erwarb dem Lykurg die höchste Achtung bei seinen Mitbürgern und diese beeiferten sich, seinen Befehlen als Reichsverweser pünktlich Folge zu leisten. Aber die Königin und ihr Bruder fühlten sich schwer beleidigt und suchten nun das Gerücht zu verbreiten, Lykurg warte nur auf eine gelegenere Zeit, um den jungen König aus dem Weg zu räumen und sich selber zum Alleinherrscher zu machen. Als der brave Mann solche Verläumdung hörte, beschloß er, so lange außer Landes umherzureisen, bis sein junger Neffe zum Manne erwachsen sei. 2. Zuerst begab sich Lykurg zu Schiffe nach der Insel Kreta. Diese Insel war schon lange berühmt durch die vortrefflichen Gesetze, die ein Weiler König Minos den Bewohnern gegeben hatte und wodurch diese mächtig zur See und glücklich in ihrem Lande geworden waren. Durch seine Weisheit und Gerechtigkeit hatte sich Minos eine solche Achtung unter den Menschen erworben, daß nach seinem Tode die Sage ging Minos verwalte in der Unterwelt das Richteramt über die Todten. Von Kreta schiffte Lykurg nach Kleinasien hinüber und von dort soll er auch nach Aegypten gekommen sein. Ueberall machte er sich mit der Landesverfassung bekannt und merkte sich Alles, was er an den Gesetzen Vortreffliches fand, um es dann in seine Heimath zu verpflanzen. In Kreta hatte er die einfache strenge Lebensweise der Einwohner bewundert' unter den kleinasiatischen Griechen fand er große Prachtliebe und Ueppig-fett. Natürlich gefiel ihm die Lebensweise der ersteren viel besser, dagegen traf er bei den letzteren auf ein unschätzbares Kleinod, nämlich die Gedichte des Homer. Die herrlichen Gedichte schienen ihm ebenso ergötzlich und unterhaltend, als reich an Lebenserfahrung und Staatsklugheit. Darum wandte er allen Eifer an, sie zu sammeln und abzuschreiben, um
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