Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Die vorchristliche Zeit - S. 147

1877 - Leipzig : Brandstetter
mosthenes, und keiner ist so berühmt und so vollkommen gewesen, als der größte Redner Demosthenes. Seine mit so heldenmüthiger Anstrengung errungene Kunst weihete Demosthenes ganz dem Wohle seines Vaterlandes. Schon waren die Griechen sittlich verdorben; aber mit unermüdlichem Eifer suchte Demosthenes den alten Muth und die alte Tugend wieder in dem leichtsinnigen Volke anzufachen; er erinnerte die Athener an die Heldenthaten des Mil-tiades und Themistokles, ermahnte sie, nicht ihren Nacken dem Unterdrücker zu beugen, nicht die Beschützung ihrer Freiheit gemietheten Söldlingen zu überlassen. Er forderte die Reichen auf, Beisteuern zum Kriege zu geben uno der trägen Ruhe und Bequemlichkeit zu entsagen. Leider hatten aber die besten und begeistertsten Reden des trefflichen Mannes wenig Erfolg, denn es gab in Athen nicht blos viel verdorbenes Volk, sondern auch unter den bessern Bürgern Viele, die an der Rettung des Vaterlandes verzweifelten und den Frieden mit dem macedonischen Könige um jeden Preis erhalten wollten. Diese Ansicht theilte auch Phocion und wurde deshalb einer der Gegner des Demosthenes. Phocion soll der Sohn eines Löffelmachers gewesen sein. Sein Leben lang w.ar er in großer Armuth und zeigte in seinem ganzen Wesen einen tiefen Ernst, denn Niemand sah ihn je lachen oder weinen. Nie besuchte er ein öffentliches Bad, und er hielt stets die Hände unter dem Mantel verborgen, was bei den Griechen für ein Zeichen des Anstandes galt. Auf den Feldzügen ging er stets unbeschuht und leicht gekleidet, so daß die Kriegsleute es für ein Zeichen eines strengen Winters hielten, wenn er davon eine Ausnahme machte. Sein Aeußeres war finster und mürrisch, weshalb auch Niemand seinen Umgang suchte. Als ein Spaßmacher einst seine finstere Miene verspottete und die Athener ein Gelächter erhoben, sagte er: „Meine Miene hat noch Niemand ein Leid zugefügt, aber das Gelächter dieser Umstehenden hat dem Staat schon viele Thränen verursacht!" Ungeachtet seiner Armuth nahm er nie Geschenke an, und macedonische Boten, welche ihm ein Geschenk von hundert Talenten überbringen wollten, kamen eben dazu, wie seine Frau den Brodteig knetete und er selber das Wasser hinzutrug. In Phocion's Hause herrschte die größte Einfachheit; die Athener nannten ihn den „Rechtschaffenen". Während Demosthenes zum Krieg gegen Philipp rieth, ermahnte Phocion stets in kurzen, aber scharfen Ausdrücken zum Frieden. Wenn sich Phocion erhob, pflegte Demosthenes heimlich zu seinen Freunden zu sagen: „Das Beil meiner Reden ist da!" Und dieses Beil fürchtete Demosthenes mehr, als alle übrigen athenischen Redner. Als sie einst mit ihren verschiedenen Meinungen heftig an einander geriethen, rief Demosthenes unwillig aus: „Phocion, die Athener werden dich todten, wenn sie rasend werden!" — „Und dich" — antwortete Phocion, „wenn sie bei Verstände lind!" Da Phocion den Athenern ihre Fehler, namentlich ihren Leicht* sinn, mit bitterem Ladet vorwarf, so mua" er dann auch gewöhnlich hören, wie seine Vorschläge verworfen wurden. Als einmal seine Worte
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer