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1. Das Mittelalter - S. 3

1877 - Leipzig : Brandstetter
3 2. Wodan oder Odin*). Im Lande der Semnonen zwischen Oder und Elbe befand sich das größte Bundesheiligthum der suevischen Stämme. Es war dies ein heiliger Hain mit der Bildsäule des Kriegsgottes Wodan. Als mächtiger Lenker der Schlachten, als erhabener Schützer in jedwedeni Kampfe galt dieser Gott für den vornehmsten unter den germanischen Äsen. Durch ihn nur gab es Sieg und Beute und ohne ihn war kein Himmel. Wer nicht in seinem Dienste stand, d. h. wer nicht im Kampf sein Leben verlor, dem öffnete er nicht die Pforten Walhalla's. Hatte also Jemand einen ruhigen, natürlichen Tod gefunden, so mußte er als stummer Schatten hinabwandern in die Unterwelt, in das Reich der bleichen Hela. Traurig schritten da die Schatten an einander vorüber und nur durch leises Summen vermochten sie sich gegenseitig ihre Klagen mitzutheilen. Da gab es weder Kampf, noch Spiel, noch Trank. Es war ein trauriger, freudenleerer Ort. Wie ganz anders erging es den gefallenen Helden! Sie, aber auch nur sie, schwebten hinauf in Wodan's ewige Himmelsräume. Dort lag Walhalla, eine große, schöne Stadt mit 500 Thoren und 50 Pforten. Hier war der Wohnsitz tapferer Männer, hier führten sie ein herrliches Leben, denn sie konnten ihren liebsten Gewohnheiten folgen, ihre Lieblingswünsche erfüllen. Täglich ritt Wodan mit ihnen hinaus vor die Thore der Stadt. Dort tummelten sie ihre Rosse und ergötzten sich in lustigen Kämpfen. Sie durchbohrten sich mit den Speeren, spalteten sich die Köpfe und theilten so gewaltige Hiebe aus, daß Arme und Beine umherflogen. War aber der Kampf beendet, so saßen Alle, als wäre nichts geschehen, wieder gesund und frisch auf ihren Rossen und lustig ging es nach der Stadt zurück. Dort wartete ihrer das Mahl. An langen Tafeln saßen sie da und schmausten ihr Lieblingsgericht, den Schweinebraten. Dessen gab es genug in Walhalla, denn es war dort ein Schwein, Namens Skrimmer, welches immer ganz und unversehrt blieb, wenn man auch täglich viel große Stücke davon abschnitt. Darüber freuten sich die hungrig gewordenen Kämpfer über die Maaßen, sie ließen sich den Braten herrlich munden und tranken in langen Zügen den köstlichen Gerstentrank, den ihnen die ewigen Jungfrauen, Walkyren genannt, in schönen Gefäßen herumreichten. Auch Milch war im Ueberfluß vorhanden, denn die Euter der Ziege Heidrun wurden nie leer. So dachten sich die alten Germanen das Reich ihres Gottes Wodan. Kein Wunder also, wenn das Leben der freien Sueven fast in beständigem Kampfe bestand, im Kampfe gegen fremde Völker oder gegen die wilden Thiere des heimischen Waldes! Daher galten auch Muth und Ausdauer im Kampfe für die höchsten Tugenden des Mannes! Eben so natürlich war es aber auch, daß die alten Deutschen ihren Wodan über Alles verehrten, da er ihnen die höchsten Güter bescheerte. Und wahrlich, nichts glich *) Odin hieß der Gott bei den nordischen Völkern. 1*
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