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1. Das Mittelalter - S. 68

1877 - Leipzig : Brandstetter
68 und gingen zu Tarek über, der feine Schaaren durch neue Zuzüge von Afrika her verstärkte. Roderich erschrak über die Gefahr und entbot das ganze gothische Heer. An 90,000 Mann sammelten sich unter seinen Fahnen; aber die alte Kraft war nicht mehr in ihnen, und viele haßten den Roderich. Er zog nach Süden in die Nähe der kleinen Stadt X er es, wo auch Tarek gelagert war, und nur der Guadaletestrom trennte die beiden Heere. Die Araber waren viel schwächer an Zahl, aber ihr Kriegsmuth war stürmender und gewaltiger; denn Mohammed hatte gelehrt, daß derjenige die größte Seligkeit im Himmel empfangen würde, welcher die Lehre des Propheten mit bewaffneter Hand ausbreitete und in der Schlacht den Tod fände. Roderich, als er zum Treffen ging, trug auf seinem Haupte ein Perlendiadem, er war bekleidet mit einem weiten Gewände, das mit goldener und silberner Stickerei bedeckt war, er fuhr in einem Wagen von Elfenbein, den zwei weiße Maulthiere zogen, und in demselben lehnte er nachlässig, um der Schlacht zuzuschauen. Drei Tage lang ward schon gekämpft, ohne daß sich der Sieg entschied ; denn gegen den höheren Muth der Araber stand die größere Zahl der Gothen. Am dritten Tage erlahmte fast die Kraft der Mauren vor der Uebermacht; denn Tausende von ihnen tagen schon auf dem Schlachtfelde. Da rief Tarek aus: „Meine Brüder, vor Euch ist der Feind, hinter euch das Meer; wohin wollt ihr? Folget eurem Führer; ich lasse mein Leben, oder setze meinen Fuß auf den Nacken des entthronten Königs." Außer dieser Anrede und der Wuth der Verzweiflung vertrauete Tarek aber besonders auf sein geheimes Einverständnis} mit dem Grafen Julian und den Söhnen des früheren Königs Vitiza, mit denen er die Nacht vorher eine Zusammenkunft gehabt und das Bündniß erneuert hatte. Die beiden Söhne des Vitiza und Oppas hatten die wichtigsten Posten tnne; im entscheidenden Augenblick des vierten Tages verließen sie dieselben, und Entsetzen und Verdacht herrschte nun durch das gothische Heer. Ein Krieger trauete dem andern nicht mehr und jeder suchte nur sein Leben zu retten. Da drängten die Araber immer stärker heran, und das ganze gothische Heer löste sich auf in wilder Flucht. Unter der allgemeinen Verwirrung sprang Roderich von seinem Wagen und bestieg Orelia, das schnellste seiner Rosse; aber wenn er auch dem Tode in der Schlacht enteilte, so entkam er doch nicht seinem Schicksal, denn er gerieth in den Guadalquivir und ertrank in den Gewässern dieses Flusses. Sein Diadem und seine Gewänder wurden am Ufer gefunden; aber seine Leiche ward von den Wellen in’s Meer hinabgespült, und deshalb begnügte sich Tarek mit dem Haupte eines andern Gothen, und ließ es als Zeichen seines Triumphes nach Damaskus bringen. „Und so," erzählt uns der arabische Geschichtsschreiber, „ist das Schicksal der Könige, die vom Schlachtfelde zu entfliehen suchen." Oppas aber und Julian sahen, daß sie sich so tief in Schuld und Verbrechen gestürzt hatten, daß nur der völlige Untergang des gothischen Reichs sie vor Bestrafung schützen konnte. Darum riechen sie dem Tarek, seines
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