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1. Die neue Zeit - S. 240

1877 - Leipzig : Brandstetter
240 änderten. Joseph starb schon im folgenden Jahre (1711) an den Pocken und nun wäre Karl Iii. von Spanien zugleich Kaiser von Deutschland und Erbe der österreichischen Länder geworden, mit einer Macht, die allen europäischen Staaten gefährlich zu werden drohte; Marlborough aber fiel bei seiner Königin Anna in Ungnade und mußte seine Feldherrnwürde niederlegen. Dadurch erhielt Ludwig im Frieden von Utrecht (1713) so günstige Bedingungen, wie er sie nimmer erwartet hatte, denn sein Enkel Philipp V. behielt Spanien unter der Bedingung, daß es nie mit Frankreich vereinigt würde. Die spanischen Niederlande, Mailand und Sardinien erhielt Karl, als deutscher Kaiser der Sechste, der, von seinen Bundesgenossen verlassen, im Frieden zu Rastatt (1714) seine Einwilligung gab. 10. Die Aufhebung des Ediktes zu Nantes. Nachdem Ludwig eine Jugend voll Ausschweifungen und Sünden hinter sich hatte, ergab er sich der Frömmelei; die Frau von Maintenon, mit welcher er heimlich vermählt war, wußte in Gemeinschaft mit den Jesuiten, die durch den Beichtvater La Chaise auf den König wirkten, diesen Hang trefflich zu benutzen. Heinrich Iv., dieser beste der französischen Könige, hatte den Protestanten (Hugenotten) im Edikt von Nantes volle Religionsfreiheit bewilligt und das war seit Langem der streng katholischen, von den Jesuiten geleiteten Partei ein Dorn im Auge gewesen. Nun stellte man dem „großen" Ludwig vor, welche Gnade bei Gott zu erlangen sei, wenn man die verführten Sünder zum wahren Glauben zurückbrächte. Man bewies ihm, daß er so lange kein vollkommener Souverän (unumschränkter Herrscher) sei, so lange noch zwei Millionen seiner Unterthanen einem andern Glauben als dem seinigen huldigten, und man versicherte ihn, daß der weise Heinrich Iv. das Edikt von Nantes nicht gegeben haben würde, wenn er Ludwig's unumschränkte Macht gehabt hätte. Da gab der bethvrte König Befehl, mau solle sogleich das Bekehrungswerk anfangen und in alle Provinzen zugle-ich Dragoner und Priester schicken, denn wer nicht gutwillig seinen Glauben verlassen wollte, den solle man mit Gewalt zwingen. Die Unglücklichen betheuerten, sie wollten mit Freuden ihr Leben für den König lassen, aber ihren Glauben könnten sie nicht wechseln wie ein Kleid. Aber dann rückten die Dragoner heran, setzten ihnen den Degen auf die Brust und schrieen: „Sterbt oder werdet katholisch!" Die unmenschlichen Soldaten wurden bei den reformir-ten Bürgern einquartiert und wirthschafteten mit den Gütern und Weibern derselben als mit ihren eigenen. Was der stille Fleiß einer redlichen, arbeitsamen Familie in vielen Jahren mühsam erworben und sorglich erspart hatte, das verzehrten jetzt rohe Kriegsknechte hohnlachend und trotzend in wenigen Wochen. Die, welche standhaft bei ihrem Glauben verharrten, wurden in die Gefängnisse geworfen, hingerichtet, die Geistlichen sogar gerädert. Frauen, die reformirte Psalmen sangen, schnitt man die Haare ab; den Eltern nahm man ihre Kinder weg und steckte sie in katholische Waisenhäuser, Greise wurden unter Flüchen und Drohungen an die Altäre
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