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1. Die neue Zeit - S. 290

1877 - Leipzig : Brandstetter
290 10. Unglückliches Ende. So gut es nun auch der wackere Kaiser mit seinen Unterthanen meinte, so wurden doch seine Absichten von den Meisten verkannt; ja Viele arbeiteten ihm recht absichtlich entgegen. Statt geliebt zu werden, wie er so recht verdiente, erntete er nur Haß und Undank. War dies schon in seinen deutschen Staaten der Fall, so war es noch mehr in Ungarn und in den österreichischen Niederlanden. Ungarn, als ein besonderes Königreich, hatte noch seine eigenen Gesetze und Freiheiten; auch wurden die Gerichtsverhandlungen in lateinischer Sprache geführt, die fast jeder Ungar verstand. Aber Joseph wollte, daß alle seine Länder ein gleichmäßiges Ganzes ausmachen sollten und befahl daher, daß künftig auch in Ungarn die deutsche Sprache die allgemeine Geschäftssprache sein sollte. Wer von den Beamten sie in drei Jahren nicht verstünde, sollte sein Amt verlieren. Das zu fordern, war aber eine große Ungerechtigkeit und Härte, und brachte die Gemüther in Gährung, die sich noch vermehrte, als auch die bisherige Regierung des Laubes noch ver-änbert würde. Noch schlimmer ging es in den Nieberlanben, dem jetzigen Belgien. Hier machte er mehrere sehr nützliche Einrichtungen, die besonbers einen besseren Unterricht der Geistlichkeit bezweckten. Aber gerabe darüber waren die Bischöfe aufgebracht und hetzten das über manche Neuerung schon unzufriedene Volk noch mehr auf. So brach im Jahre 1788 ein förmlicher Aufruhr aus; Joseph gab nach, aber es war zu spät. Mit Gewalt konnte er nicht viel ausrichten, da feine Heere gerade gegen die Türken fochten, und so mußte er es erleben, wie sich feine niederländischen Provinzen für unabhängig erklärten. Der Feldzug gegen die Türken endete auch unglücklich und so wurde die ohnehin schon angegriffene Gesundheit des Kaisers völlig erschüttert durch den Kummer, der fortan unaufhörlich an seinem Herzen nagte. In Ungarn hatte der Adel sich erhoben und das Volk gegen den Kaiser aufgereizt. Joseph, siech und mit gebrochener Kraft, sah sich genöthigt, alle seine Verordnungen zurückzunehmen. Im Bewußtsein, das Gute gewollt zu haben, sprach er: „Ich wollte, man schriebe auf mein Grab: Hier ruht ein Fürst, dessen Absichten rein waren, der aber das Unglück hatte, alle seine Plane scheitern zu sehen." Er starb am 20. Februar 1790.
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