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1. Die neue Zeit - S. 388

1877 - Leipzig : Brandstetter
388 mit ihm und dem gebeugten Könige von Preußen auf dem Flusse Niemen zusammen, um das Nähere persönlich zu besprechen. Zu Tilsit würden dann die Unterhaltungen gepflogen. Hier erschien auch die Königin Louise von Preußen, ein Bild der Hoheit und Anmuth. Sie mar entschlossen, den gewaltigen Sieger selbst durch Bitten zu einem ehrenvollen Frieden und zur Schonung des Landes und Volkes zu bewegen. In ihrer reinen, hochherzigen Liebe für das Volk und seinen Fürsten scheuete sie diese Erniebrigung nicht. Aber Napoleon's Herz blieb ungerührt; finster und stolz fragte er die Königin: „Wie konnten Sie auch nur einen Krieg mit mir anfangen?" Da erwieberte ihm Louise mit ebler Würbe: „Es war Preußen erlaubt, ja es war uns erlaubt, uns durch den Ruhm Friebrich's über die Mittel unserer Macht zu täuschen — wenn wir uns überhaupt getauscht haben!" Und die wahrhaft beutsche Frau hatte sich nicht getäuscht, daß sie auf den Geist des Volkes bancte. Nur barin hatte sie sich getäuscht, daß sie von Napoleon's Ebelmuth etwas hoffte. Preußen verlor alle Länber zwischen der Elbe und dem Rhein, außerbent die polnischen Länber mit der Stadt Danzig, welche für eine freie Stadt erklärt würde; das polnische Land würde zu einem Großherzogthum Warschau erhoben, und kam zum größten Theil an den König August von Sachsen; einen Theil von preußisch Polen erhielt Nußlanb. Aus den Länbern zwischen dem Rhein und der Elbe, aus Hannover, Braunschweig, Hessen-Kassel schuf Napoleon das Königreich We ftp Halen für seinen jüngsten Bruder Hieronymus. So staub jetzt ein kleines Frankreich im Herzen von Deutschland und frembe Tyrannen geboten in dem Lanbe Hermann's und dem Ursitze der Sachsen! So an Länbern zusammengeschmolzen und eingeschlossen zwischen Staaten, die den Franzosen anhingen, sollte Preußen völlig erbrückt werben. Aber die Gewalt, so viel sie auch auf Erben vermag, sie vermag boch nicht den Geist und die sittliche Kraft des Volkes zu zertrümmern. König Friedrich Wilhelm Iii., der Gerechte und Standhafte, bauete auf feines Volkes Treue, und von bieberen Vaterlanbsfreunben unterstützt, unternahm er eine burchgreifenbe Verbesserung des Staats - und Heerwesens. Er berief am 5. Oktober 1807 den Freiherrn von Stein, adelig von Geburt und Gesinnung, einen echten Mann des Volks, zum Minister, und biefer unterwarf das Alte einer Umbilbung zum Neueren und Besseren. Das bisher beftanbene Vorrecht des Abels, ausschließlich Rittergüter zu besitzen, würde aufgehoben, auch Bürger und Bauern bürsten fortan solche Güter erwerben. Der Dienstzwang hörte auf. Der Bauernstanb würde frei, der Bürgerstanb erhielt feine alten sogenannten „Munizipalrechte", wodurch er früher groß und stark geworben war, eine vortreffliche Städte-orbnung wieber, jebe Bürgergemeinbe bekam das Recht, ihre Vertreter sich selber zu wählen. In ähnlichem Geiste bestellte Friedrich Wilhelm Iii. auch das Heerwesen neu, wobei ihm der treffliche General Scharnhorst mit Rath und That beiftanb. Der Bürgerstand wurde nun auch als fähig zu allen Offizierstellen erklärt; nur das persönliche Verdienst sollte
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