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1. Von der Entstehung eines selbständigen deutschen Reichs bis zu Karl V. 843 - 1519 - S. 176

1885 - Wiesbaden : Bergmann
17 6 Die kirchlichen Zustände. denen sie nicht verpflichtet gewesen seien, (die sog. Opera supereroga-tionis) einen „Gnadenschatz' bildeten, über den die Kirche verfügen könne. So ward alles aufgeboten, um die äußere Macht der Kirche immer weiter auszudehnen und zu befestigen. Während dessen aber versanken Kirche und Geistlichkeit in immer größere sittliche Verderbnis. Die höhere Geistlichkeit, an ihrer Spitze der römische Hof selbst, überließ sich einem ausschweifenden Leben. Hatte man seiner Zeit die Besetzung der geistlichen Stellen der weltlichen Gewalt unter dem Vorwande, daß sie Simonie damit treibe, entzogen, so war der Schacher mit Pfründen in den Händen der geistlichen Oberbehörden ein noch viel schmachvollerer geworden. „Mit Pfründen ist ein großer Kauf", singt der bekannte Satiriker Thomas Murner, der doch nichts weniger als ein Feind der Kirche war. In einer andern satirischen Schrift jener Zeit heißt es: „Die römische Kurie ist nichts als ein großer Markt. Geld löst dort alle Schwierigkeiten. Wer Geschenke bringt, gegen den ist Rom nicht karg. Als numen (göttliches Wesen) dient der nummus, (die Münze); mehr als Markus (der Evangelist) gilt die Mark, und minder berühmt ist die ara (der Altar), als die arca (Truhe)Ähnlich bei Bnrkard Waldis: „Man sage wohl, in Rom schade Einem keine Sünde, nur müsse mau Geld haben; kein Geld haben, das sei die allergrößte Sünd', die der Papst selbst nit vergeben kirnt’." Die geistlichen Gerichte, die auch weltliche Sachen an sich zogen, brandschatzten die Parteien. Die Geistlichkeit suchte sich von Staats- und Gemeindesteuern frei zu machen: dafür mußte sie Steuern nach Rom zahlen. Die Bischöfe verzehrten ihre reichen Pfründen und mieteten um geringes Geld Stellvertreter, „Suffra-gane", welche die Arbeit für sie verrichten mußten. Von den erledigten Stellen der Bischöfe und Erzbischöfe bezog der Papst Ammten (die Einkünfte des ersten Halbjahrs nach der Wiederbesetzung) und Palliengelder (für Zusendung des Palliums) in ungeheuren Summen. Das jedesmalige Palliengeld für ein einziges Erzbistum (Köln) betrug 20000 Fl., und dieses Erzbistum ward binnen 16 Jahren viermal neubesetzt! Man berechnete, daß jährlich auf diese Weise allein wohl 300 000 Fl. nach Rom flössen. Was die Kirche in Deutschland selbst an liegenden Gütern besaß, ward auf ‘/4 bis ]/3 alles Grund und Bodens geschützt. Päpstliche Nuntien, die Deutschland bereisten, mußten von den Geistlichen, deren Diözesen sie betraten, ans das Glänzendste verpflegt werden, wofür sich letztere natürlich an ihren Diözesen schadlos hielten. Dazu endlich die großen Summen, die der Ablaßhandel einbrachte.
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