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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 72

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
72 V. Pfizer, Stellung von Österreich und Preußen. beurkunden. Auch ist der bisherige Entwickelungsgang der preußischen Macht in ihrem stetigen Wachstum und ihrem kräftigen organischen Fortschreiten den gemeinschaftlichen Gesetzen der Natur und des Völkerlebens so gemäß, daß man nicht zweifeln darf, Preußen, wenn es seine Aufgabe richtig erkennt, die ihm bestimmte Stelle bald einnehmen zu sehen. Unter der Pflege des großen Kurfürsten hat sich der neue Staat aus einem kräftigen Keime entwickelt und sich zum ersten jugendlichen Selbstbewußtsein aufgeschwungen unter Friedrich dem Großen, der, als der Schöpfer seines Volksgefühls, dieser Lebenskraft und Seele einer jeden Nation, Preußens zweiter Stifter und sein eigentlicher Begründer geworden ist. Und wenn auch bald nach ihm das allzuhoch gesteigerte Selbstgefühl des preußischen Volks in seinem eigenen Übermaß unterzugehen drohte, so hat dasselbe gleichwohl sich von solcher Energie gezeigt, daß es die Feuerprobe des Unglücks und der Erniedrigung bestand und nach der Art gesunder, unverdorbener Naturen nur um so frischer und gediegener aus jener Entwicklungskrankheit sich erhob, von der es nun mit sichern Schritten jenem Höhepunkt der Jugend entgegengeht, wo das Magere und Herbe zur Fülle und Milde reift, zur Kraft die Schönheit und zur Form die Seele tritt, weil das mit der körperlichen Gestaltung fertig gewordene und in sich selbst zurückgegangene Lebensprincip den äußerlich vollendeten, aber starren Organismus nun von innen heraus verklärt, die tiefern geistigeren Kräfte, bisher schlummernd und zurückgedrängt, erwachen, und eine freigewordene Begeisterung ihre Blüten treiben kann. Selbst dem oberflächlichen Beobachter kann es nämlich nicht entgehen, daß das preußische Volk bis jetzt bloß ein äußeres, kein inneres politisches Leben hat, daß Dressur und Kunst der unzulänglichen Natur noch hin und wieder nachhelfen muß, und daß manchen seiner Institutionen eine gewisse Dürftigkeit und Magerkeit anklebt. Kein Staat leistet mit gleich beschränkten Mitteln soviel, als der preußische bis jetzt geleistet hat. Um aber seine Stelle unter den Mächten, welche das Schicksal der Welt bestimmen, zu behaupten, mithin seine Rolle gegen außen fortspielen zu können, mußte bei Preußen bisher alles politische Leben nach außen drängen, auf Erhöhung der Kraft des Staates gegen außen gerichtet sein. Die Einheit des Willens, die Konzentration der Kraft, die ungehemmte Raschheit der Vollziehung ist, so lange Preußens materielle Hilfsquellen nicht bedeutend zunehmen, sein höchstes Gesetz. Um auf seiner künst-
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