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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 76

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
76 Vi. Freytag, Das Hambacher Fest. gewaltthätiger Mittel nicht glauben konnte. Nur wenige der Besten erkannten, daß nichts als eine vieljährige Schulung des Volkes zum politischen Leben, allmähliche Entwickelung des Wohlstandes und der praktischen Tüchtigkeit zu einer Besserung führen werde. So war es ans dem ganzen Festlande Europas vom Tajo bis zum Duiepr. Aber die Deutschen halten gleich den Italienern noch ein besonderes politisches Leiden. Sie waren als Deutsche aufgerufen worden zur Vertreibung der Fremdherrschaft, hatten Blut und die letzte Habe dafür eingesetzt, und die Folge aller großen Gefühle, leidenschaftlicher Anstrengungen und feierlicher Versprechen war für einen großen Teil der Deutschen öde Kleinstaaterei geworden. Der eigene Kleinstaat erschien dem Patrioten damals wie eine dürftige Jnterimswohnung. Seine besten Pflichten und heißesten Wünsche gehörten einem Ideal, welches keinen stärkeren Feind hatte als die bestehenden Staatsgewalten. Wohl jeder dachte sich die Realisierung dieses edlen Traumbildes anders; als sicher erschien dem Süddeutschen nur, daß es nicht Österreich, nicht Preußen, nicht deutscher Bund werden sollte. Unterdes hielten die siegesfrohen Liberalen Süddeutschlands für ein gutes Mittel die Regierungen zu schrecken und das Volk zu gewinnen, wenn sie die altheimische Freude an massenhafter Geselligkeit für die Politik verwerteten. Es waren unter den Patrioten so viele idle und große Männer, welche für ihren opfervollen Kampf in der Tribüne und Presse einen Dank der Nation verdienten, es waren so merkwürdige und ruhmvolle Tage, in denen man lebte, daß eine Weihe derselben durch feurige Worte und lustigen Trunk geboten schien. Schnell folgten einander die Festtage zu Ehren der jungen Freiheit. Am 29. Januar 1832 gaben die Rheinbayern ihrem Patrioten, dem Advokaten Schüler, eine große Festfeier, bei welcher dem Königtum von Gottes Gnaden offene Fehde erklärt und die „unbedingte Volks-souverünetät" als Grundlage für die Wiedergeburt Deutschlands erkannt wurde. Seitdem löste ein Fest das andere ab. Am 1. April z. B. veranstalteten Abgeordnete und Journalisten zu Weinheim ein Fest der badischen freien Presse, an welchem auch Patrioten anderer Landschaften teilnahmen, sogar Ausländer. Für den 27. Mai endlich schrieben mehrere Bürger aus Neustadt an der Hardt, angeregt durch den Agitator Rheinbayerns Siebenpseiffer, eine große Volksversammlung auf der Schloßruine Hambach aus, um „der Deutschen Mai" zu feiern. Die bayerische Regierung machte einen schwachen
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