Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Geschichtliches Lesebuch - S. 82

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
82 Vi. Freytag, Das Hambacher Fest. getagt hätten, nur daß sie die heimische Polizei scheuten. Ja, die preußische Regierung war ihnen besonders anstößig. Der König hatte seinem Volke eine Verfassung verheißen und sein Versprechen nicht erfüllt, die preußische Diplomatie suchte mit Eifer die liberalen Anläufe der süddeutschen Kammern zu verdächtigen, Preußen galt für einen Militärstaat, der doch nicht den Mut habe eine kriegerische Politik zu verfolgen, die preußischen Landschaften endlich ließen sich mit unerträglicher Fügsamkeit das harte Staatswesen gefallen. Man hatte im Süden keine Ahnung, wie groß dort im Osten die Armut, der Mangel an Kapital und an überschüssiger Meuscheukraft nach zehn Jahren des Krieges, einer feindlichen Occupatiou, einer systematischen Aussaugung des Landes und nach einer unerhörten Anspannung für die Befreiung geworden war, man wußte nicht, wie sehr das Gedeihen der alten Provinzen durch die russische Grenzsperre niedergehalten wurde, wie Handel und Handwerk in mehreren hundert Städten noch nach dem Frieden zurückkamen, wie langsam dort die Ersparnisse zu Kapitalien zusammenflössen und wie diese Ersparnisse des Volkes durch Jahrzehnte fast sämtlich verwendet wurden, um in dem Kreditsystem der Landschaften die ruinierten Grundbesitzer zu erhalten und einen allgemeinen Bankerott abzuwehren. Wahrlich, die Zustände der alten Provinzen Preußens in jener Zeit, noch niemals wahrheitsgetreu geschildert, wären wohl der brüderlichen Teilnahme des deutschen Westens wert gewesen. Denn dort im Osten war kaum eine Familie, die nicht an Gut und Leben ihrer Angehörigen schwer beschädigt war und sich in der lebenden Generation mühsam heraufrang. Die Deutschen von der Elbe bis zum Memel hatten hohen Preis dafür gezahlt, daß Schwaben, Alemannen und Pfälzer die Möglichkeit erhielten, in ihren Kammern mit einer deutschen Regierung um verfassungsmäßige Freiheit zu streiten. Daß bei solcher Lage des Staates auch die äußere Politik Preußens lange unfrei war und ängstlich beflissen, im Bann der heiligen Allianz die mühsam geschaffene Ordnung zu bewahren, war nicht unnatürlich, und darum wird das Urteil der Geschichte über das System Friedrich Wilhelms Iii. dereinst vielleicht milder sein als das seiner Zeitgenossen war. Schon im Jahr 1832 hing das politische Geschick Deutschlands weit weniger an den Kammerverhandlungen im deutschen Westen als an der Höhe des Tagelohns in Schlesien und der Mark. Daß die Liberalen Süddeutschlands davon keinerlei Kunde hatten, war der Grundfehler ihrer Rechnung. Unterdes übten in Preußen dreitausend Turnlehrer, zu
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer