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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 302

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
302 Xxi. Rede des deutschen Reichskanzlers Fürsten Bismarck. täten gewachsen zu sein, so erhebe ich damit den Anspruch, daß wir noch größere Anstrengungen machen müssen als andere Mächte zu gleichem Zwecke, wegen unserer geographischen Lage. Wir liegen mitten in Europa. Wir haben mindestens drei Angriffsfronten. Frankreich hat nnr feine östliche Grenze, Rußland nur seine westliche Grenze, auf der es angegriffen werden kann. Wir sind außerdem der Gefahr der Koalition nach der ganzen Entwickelung der Weltgeschichte, nach unserer geographischen Lage und nach dem vielleicht minderen Zusammenhang, den die deutsche Nation bisher in sich gehabt hat im Vergleich mit anderen, mehr ausgesetzt als irgend ein anderes Volk. Gott hat uns in eine Situation gesetzt, in welcher wir durch unsere Nachbarn daran verhindert werden, irgendwie in Trägheit oder Versumpfung zu geraten. Er hat uns die kriegerischste und unruhigste Nation, die Franzosen, an die Seite gesetzt, und er hat in Rußland kriegerische Neigungen groß werden laffen, die in früheren Jahrhunderten nicht in dem Maße vorhanden waren. So bekommen wir gewisfermaßen von beiden Seiten die Sporen und werden zu einer Anstrengung gezwungen, die wir vielleicht sonst nicht machen würden. Die Hechte im europäischen Karpfenteich hindern uns, Karpfen zu werden (Heiterkeit), indem sie uns ihre Stacheln in unseren beiden Flanken fühlen laffen; sie zwingen uns zu einer Anstrengung, die wir freiwillig vielleicht nicht leisten würden, sie zwingen uns auch zu einem Zusammenhalten unter uns Deutschen, das unserer innersten Natur widerstrebt (Heiterkeit); sonst streben wir lieber auseinander. Aber die französisch-russische Presse, zwischen die wir genommen werden, zwingt uns zum Zusammenhalten und wird unsere Kohäsionsfähigkeit auch durch Zusammendrücken erheblich steigern, sodaß wir in dieselbe Lage der Unzerreißbarkeit kommen, die fast allen anderen Nationen eigentümlich ist, und die uns bis jetzt noch fehlt. (Bravo!) Wir müffen dieser Bestimmung der Vorsehung aber auch entsprechen, indem wir uns so stark machen, daß die Hechte uns nicht mehr thun als uns ermuntern. (Heiterkeit.) Wir hatten ja früher in den Zeiten der heiligen Alliance — mir fällt ein altes amerikanisches Lied dabei ein, welches ich von meinem verstorbenen Freunde Motley gelernt habe; das sagt: In good old colonial times, when we lived under a king — nun, das waren eben patriarchalische Zeiten, da hatten wir eine Menge Geländer, an denen wir uns halten konnten, und eine Menge Deiche, die uns vor den wilden europäischen Fluten schützten. Da war der deutsche Bund,
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